Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
aa) Grundsatz
Rz. 88
Die Geschäftsführung in der stillen Gesellschaft obliegt, anders als bei der GbR, nicht den Gesellschaftern gemeinschaftlich, sondern allein dem Geschäftsinhaber. Dies lässt sich damit erklären, dass der stille Gesellschafter nicht am Handelsgeschäft des Geschäftsinhabers beteiligt ist und die Führung des Handelsgeschäfts deshalb eigene Sache des Geschäftsinhabers ist. Die Geschäftsführung muss im Interesse der stillen Gesellschaft ausgeübt werden, die Verfolgung abweichender eigener Interessen ist dem Geschäftsinhaber untersagt. Sie umfasst einerseits die gesamte Tätigkeit zur Förderung des Gesellschaftszwecks, andererseits die das Innenverhältnis zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter betreffenden Aufgaben, insb. die Rechnungslegung ggü. dem stillen Gesellschafter. Der Umfang der Geschäftsführungsbefugnis kann mit schuldrechtlicher Wirkung zwischen den Parteien der stillen Gesellschaft beschränkt werden (vgl. u. Rdn 95). Ohne besondere vertragliche Regelung bedarf der Geschäftsinhaber aber auch für außergewöhnliche Geschäfte grds. nicht der Zustimmung des stillen Gesellschafters.
Hinweis
In der Praxis empfiehlt sich stets eine klare Regelung, für welche Maßnahmen der Geschäftsinhaber der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf. Hierfür bietet sich ein "Katalog" zustimmungspflichtiger Maßnahmen an.
Der stille Gesellschafter ist grds. nicht zur Geschäftsführung berechtigt, bei einem Verstoß haftet er u.U. aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Darüber hinaus steht dem stillen Gesellschafter mangels abweichender vertraglicher Regelungen auch kein Widerspruchsrecht gegen Geschäftsführungsmaßnahmen des Geschäftsinhabers zu.
Rz. 89
Der Geschäftsinhaber ist jedoch nicht nur zur Geschäftsführung in der stillen Gesellschaft berechtigt, sondern dazu auch verpflichtet. Dies folgt ebenfalls aus dem Wesen der stillen Gesellschaft, das in der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks liegt und den Geschäftsinhaber deshalb auch an die Interessen des stillen Gesellschafters bindet. Dies bedeutet insb., dass der Geschäftsinhaber im Rahmen seiner Geschäftsführung zur Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts verpflichtet ist und den Geschäftsbetrieb nicht ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters in erheblichem Maße umgestalten, erweitern oder einschränken darf.
Gleiches gilt für die vollständige oder teilweise Veräußerung des Geschäftsbetriebs oder dessen Einstellung, da in diesen Fällen die Erreichung des Gesellschaftszwecks regelmäßig unmöglich wird.
Der Geschäftsinhaber ist schließlich verpflichtet, die Beiträge des stillen Gesellschafters nur zu dem im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Zweck zu verwenden und nicht für andere Zwecke zu missbrauchen.
Hinweis
Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Frage, ob der Geschäftsinhaber berechtigt ist, ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters weitere Dritte am Gewinn des Handelsgeschäfts zu beteiligen, sei es durch weitere stille Beteiligungen oder durch partiarische Rechtsverhältnisse. Da dies für den stillen Gesellschafter erhebliche Auswirkungen haben kann, indem jede zusätzliche Gewinnbeteiligung eines Dritten seine eigene Gewinnbeteiligung vermindert, ist nach überwiegender Auffassung eine Zustimmung des stillen Gesellschafters erforderlich, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. In der Praxis sollte bei Beratung des Geschäftsinhabers stets auf dieses Problem hingewiesen werden.
Rz. 90
Verletzt der Geschäftsinhaber seine Geschäftsführungspflichten oder nimmt er unzulässige Geschäfte vor, gilt Folgendes: Pflichtwidrige Geschäfte bedürfen der Zustimmung des stillen Gesellschafters, wenn sie für oder gegen diesen wirken und der stille Gesellschafter an einem daraus entstehenden Gewinn- oder Verlust beteiligt sein soll. Die Genehmigung ist unverzüglich nach Kenntniserlangung zu erklären (auch durch schlüssiges Verhalten) und löst die anteilige Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters aus. Die nachträgliche Genehmigung eines einmal abgelehnten Geschäfts ist nicht möglich.
Rz. 91
Weiter kann der stille Gesellschafter Leistungsklage auf Erfüllung der gesellschaftsvertraglichen Pflichten des Geschäftsinhabers und insb. auf Fortführung des Geschäftsbetriebs oder Unterlassung strukturändernder Maßnahmen erheben. Ein gegen den Geschäftsinhaber ergangenes Urteil, das diesen zu einem bestimmten Handeln verpflichtet, ist zwar nicht vollstreckbar, das Prozessgericht kann für diesen Fall aber Zwangsgeld oder sogar Zwangshaft festsetzen.
Rz. 92
Überschreitet der Geschäftsinhaber seine Geschäftsführungsbefugnis, steht dem stillen Gesellschafter außerdem nach § 234 Abs. 1 HGB i.V.m. § 132 Abs. 2 HGB ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Voraussetzung ist dabei, dass dem stillen Gesellschafter bei Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Fortsetzung der Gesellschaft unzumutbar ist.
Rz. 93
Darüber hinaus stehen dem stillen Gesellschafter bei Pflichtverletzung des Geschäftsinhabers neben sein...