Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 65
Nach § 230 HGB beteiligt sich der stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers. Geschäftsinhaber kann jede natürliche oder juristische Person sein, die ein Handelsgewerbe i.S.v. § 1 Abs. 2 HGB betreibt, d.h. jeder Kaufmann i.S.v. § 1 Abs. 1, §§ 2–6 HGB. Voraussetzung ist aber, dass der Geschäftsinhaber tatsächlich mit Gewinnerzielungsabsicht tätig wird, da es andernfalls an einem Handelsgewerbe fehlt (selbst wenn der Geschäftsinhaber im Handelsregister eingetragen ist).
Rz. 66
Da § 230 Abs. 1 HGB von einer Vermögenseinlage am Handelsgewerbe eines anderen spricht, können Geschäftsinhaber und stiller Gesellschafter nicht ein und dieselbe Person sein. Fallen beide bspw. aufgrund Erbschaft zusammen, erlischt die stille Gesellschaft zwangsläufig.
Rz. 67
Zulässig ist die stille Beteiligung eines Gesellschafters an seiner eigenen (auch Einmann-) Gesellschaft, da Personenhandelsgesellschaften und Kapitalgesellschaften eine vom Gesellschafter unabhängige eigene Rechtspersönlichkeit besitzen. Umgekehrt kann sich deshalb auch die einem Einzelkaufmann gehörende Gesellschaft am Handelsgeschäft des Einzelkaufmanns still beteiligen. Auch wechselseitige stille Beteiligungen zweier Kaufleute jeweils am Unternehmen des anderen sind zulässig.
aa) Natürliche Personen
Rz. 68
Geschäftsinhaber können natürliche Personen sein, die Ist-Kaufleute i.S.v. § 1 HGB oder Kann-Kaufleute i.S.v. §§ 2, 3 HGB sind. Dabei ist zu beachten, dass die Handelsregistereintragung bei Ist-Kaufleuten nur deklaratorisch ist, eine stille Beteiligung also schon mit Vertragsabschluss wirksam wird. Dagegen wird die Kaufmannseigenschaft bei Kann-Kaufleuten erst durch die Eintragung ins Handelsregister begründet, sodass zwar ein auf Errichtung einer stillen Gesellschaft gerichteter Vertrag schon vor Eintragung rechtswirksam abgeschlossen werden kann, die stille Gesellschaft als solche aber erst mit Handelsregistereintragung wirksam entsteht. Entfällt die Kaufmannseigenschaft, wird die stille Gesellschaft – abhängig vom Parteiwillen – aufgelöst oder als stille GbR unter entsprechender Anwendung der §§ 230 ff. HGB fortgeführt.
Rz. 69
Auch mit einem Schein-Kaufmann i.S.v. § 5 HGB kann eine stille Gesellschaft vereinbart werden, da bei Eintragung im Handelsregister sowohl zwischen den Gesellschaftern als auch ggü. Dritten eine Behandlung erfolgt, als würde ein Handelsgewerbe betrieben werden.
Rz. 70
Eine Erbengemeinschaft, die das Handelsgewerbe eines verstorbenen Kaufmanns fortführt, kann in ihrer gesamthändischen Verbundenheit als Inhaber des Handelsgeschäfts im Handelsregister eingetragen werden und deshalb ebenfalls Geschäftsinhaber einer stillen Gesellschaft sein.
bb) Personenhandelsgesellschaften
Rz. 71
Als Formkaufmann i.S.v. § 6 HGB kann jede Personenhandelsgesellschaft Geschäftsinhaber einer stillen Gesellschaft sein. Die Einfügung von § 5 Abs. 2 HGB im Jahr 1998 hat nicht nur Kleingewerbetreibenden, sondern v.a. auch vermögensverwaltenden Gesellschaften die Aufnahme stiller Gesellschafter ermöglicht. Unzulässig ist eine stille Gesellschaft aber an einer anderen stillen Gesellschaft (da diese als Innengesellschaft kein Handelsgeschäft betreiben kann) oder an einem Gesellschaftsanteil (dann meist Unterbeteiligung).
Rz. 72
Befindet sich eine Personenhandelsgesellschaft in Liquidation, besteht eine stille Beteiligung an dieser Gesellschaft bis zur Vollbeendigung fort. Mit einer entsprechenden Vertretungsmacht der Liquidatoren kann die Gesellschaft neue stille Beteiligungen eingehen. Sie ist in dieser Hinsicht nicht auf ihren Liquidationszweck beschränkt. Allerdings ist die Aufnahme eines neuen stillen Gesellschafters in dieser Phase regelmäßig unzulässig, da die Gesellschaft tatsächlich nur noch auf Abwicklung des Handelsgeschäfts gerichtet ist. Etwas anderes gilt wohl dann, wenn die Aufnahme eines stillen Gesellschafters zur Sanierung und Fortführung der Gesellschaft erfolgt.