Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 416
Als Gesellschafter ist der Treuhänder Inhaber des Stimmrechts und dementsprechend zur Abstimmung in Gesellschafterversammlungen berechtigt. Dabei ist selbst im Kernbereich der Mitgliedschaft eine Mitwirkung des Treugebers regelmäßig nicht erforderlich.
Rz. 417
Nach dem Verbot der Stimmrechtsabspaltung kann das Stimmrecht des Treuhänders nur zusammen mit dem Gesellschaftsanteil übertragen werden, sodass eine bloße Stimmrechtsübertragung auf den Treugeber unwirksam ist. In der Lit. wird eine verdrängende Stimmrechtsübertragung auf den Treugeber jedenfalls in der offenen Treuhand z.T. als zulässig angesehen.
aa) Gespaltene Stimmabgabe
Rz. 418
Umstritten ist, ob bei einer mehrgliedrigen Treuhand eine gespaltene Stimmabgabe des Treuhänders für unterschiedliche Treugeber zulässig ist. Dies ist für Kapitalgesellschaften abzulehnen, da dort für jede Aktie bzw. für jeden Geschäftsanteil nur eine einheitliche Stimmabgabe möglich ist. Zulässig ist eine "gespaltene" Stimmabgabe aber natürlich insoweit, als der Treuhänder für jede gehaltene Aktie bzw. jeden Geschäftsanteil unterschiedlich abstimmen darf. Auch bei Personengesellschaften ist eine gespaltene Stimmabgabe ausgeschlossen, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag eine Aufspaltung zulässt. Die bloße Offenlegung der Treuhand ändert hieran nichts. Ausnahmsweise kann bei Publikumstreuhandgesellschaften oder sonstigen ihrem Wesen nach auf die Entstehung mehrgliedriger Treuhandverhältnisse angelegten Gesellschaften eine Aufspaltung des Stimmrechts zulässig sein.
bb) Zusatzstimmrecht
Rz. 419
Teilweise wird in der Lit. auch diskutiert, ob dem Treugeber durch Einräumung eines Zusatzstimmrechts die Mitwirkung an bestimmten Entscheidungen innerhalb der Gesellschaft gestattet werden kann. Eine vordringende Meinung in der Lit. bejaht dies für die Personengesellschaft und die GmbH, da anders als bei der isolierten Stimmrechtsübertragung die Einheit von Mitgliedschaft und Stimmrecht hierdurch nicht beeinträchtigt wird. Bei AG spricht hiergegen aber wohl der Grundsatz der Satzungsstrenge.
cc) Stimmbindungsvereinbarungen
Rz. 420
Stimmbindungsvereinbarungen sind bei Treuhandverhältnissen praktisch unentbehrlich und werden deshalb allgemein als zulässig anerkannt. Etwas anderes gilt nur für uneingeschränkte Stimmbindungen, die bei Anteilen an Personengesellschaften oder vinkulierten Geschäftsanteilen rechtswidrig und unwirksam sind, soweit nicht die Gesellschafter zugestimmt haben. Stimmbindungsvereinbarungen wirken grds. nur im Innenverhältnis, nicht ggü. der Gesellschaft. Bei einer offenen Treuhand kann jedoch eine den Treugeber offensichtlich schädigende Stimmrechtsausübung nach den Grundsätzen des Treuhandmissbrauchs unwirksam sein.
dd) Stimmrechtsvollmacht
Rz. 421
Bei Kapitalgesellschaften ist eine Stimmrechtsvollmacht des Treuhänders an den Treugeber, soweit diese widerruflich ist, allgemein zulässig (vgl. § 134 Abs. 3 AktG, § 47 Abs. 3 GmbHG). Unzulässig ist nur eine unwiderrufliche und verdrängende Stimmrechtsvollmacht, bei der der Treuhänder im Ergebnis auf sein Stimmrecht verzichtet. Daneben kann die Vertretung bei der Stimmabgabe durch die Satzung beschränkt und bspw. von der Zustimmung der Mitgesellschafter abhängig gemacht werden.
Rz. 422
Dagegen ist die Stimmrechtsvollmacht zugunsten des Treugebers bei Personengesellschaften ohne Zustimmung der Mitgesellschafter grds. unwirksam. Ausnahmsweise kann von einer konkludenten Zustimmungserteilung ausgegangen werden, wenn eine offengelegte Treuhand von den Mitgesellschaftern genehmigt wird.