Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 40
Schwieriger ist die Abgrenzung zu den sog. Partiarischen Rechtsverhältnissen. Partiarische Rechtsverhältnisse sind eine besondere Gruppe von Austauschverträgen, bei denen – ohne dass ein Gesellschaftsrechtsverhältnis gewollt ist – Gegenleistung für die erbrachte Leistung nicht ein festes Entgelt, sondern eine Beteiligung am Gewinn des Leistungsempfängers ist.
Rz. 41
In der Theorie lassen sich stille Gesellschaft und partiarisches Rechtsverhältnis danach voneinander abgrenzen, ob sich die Parteien durch den Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben (dann stille Gesellschaft) oder ob ein solcher Zweck fehlt und jede Partei ausschließlich ihre eigenen (meist aber wirtschaftlich gleichgerichteten) Interessen verfolgt (dann partiarisches Rechtsverhältnis). Bei einer stillen Gesellschaft werden die Gesellschafter deshalb typischerweise auf gemeinsame Verantwortung und gemeinsame Rechnung tätig, wohingegen bei einem partiarischen Rechtsverhältnis der Geschäftsinhaber die alleinige Verantwortung für das Geschäft trägt. Die stille Gesellschaft ist demgemäß eine echte Gesellschaft (wirtschaftliche Risikogemeinschaft), ein partiarisches Rechtsverhältnis ein bloßer schuldrechtlicher Austauschvertrag (z.B. Darlehensvertrag, Dienstvertrag oder Pachtvertrag).
Hinweis
In der Praxis ist die Abgrenzung meist schwieriger. Da maßgeblich für die Einordnung nicht die von den Parteien gewählte rechtliche Bezeichnung, sondern das tatsächlich Gewollte ist, müssen für die Abgrenzung der Vertragsinhalt und die wirtschaftlichen Ziele der Beteiligten umfassend gewürdigt werden.
aa) Darlehensvertrag
Rz. 42
Beim partiarischen Darlehensvertrag wird als Gegenleistung für ein Darlehen ein Entgelt proportional zum Gewinn des Unternehmens versprochen. Während ein partiarischer Darlehensvertrag ein Austauschverhältnis ist (Kreditgewährung gegen Gewinnbeteiligung), ist eine stille Gesellschaft ein echtes Gesellschaftsverhältnis, bei dem die Förderung eines gemeinsamen Zwecks im Vordergrund steht. Aus dem jeweiligen Wesen der beiden Rechtsformen ergeben sich dementsprechend verschiedene Abgrenzungskriterien, die eine Unterscheidung nach objektiven Merkmalen möglich machen. Eine Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters schließt bspw. die Annahme eines partiarischen Darlehens aus, da ein Darlehen begrifflich die Verpflichtung zur Rückzahlung eines festen Kapitalbetrags voraussetzt. Gleiches gilt für eine schuldrechtliche Beteiligung am Unternehmensvermögen. Schließlich spricht auch die Einräumung von mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechten grds. für eine stille Gesellschaft. Allerdings ist zu beachten, dass mittlerweile weitgehende Kontroll- und Widerspruchsrechte auch bei Darlehensverträgen verbreitet sind. Die Möglichkeit unmittelbarer Einflussnahme auf die Geschäftsführung spricht für eine stille Gesellschaft.
bb) Dienstvertrag
Rz. 43
Weitgehend unproblematisch ist die Unterscheidung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Dienstvertrag. Letzterer ist gegeben, wenn zwischen den Parteien ein Unterordnungsverhältnis (Weisungsbefugnis des Geschäftsinhabers) besteht und dem Gewinnberechtigten keine besonderen Kontroll- und Mitspracherechte eingeräumt sind. Für ein Dienstverhältnis spricht darüber hinaus die Vereinbarung eines Fixgehalts mit lediglich zusätzlichen Gewinnbeteiligungselementen. Eine stille Gesellschaft ist dagegen anzunehmen, wenn von einer Gleichordnung der Parteien auszugehen ist.
cc) Miet- und Pachtvertrag
Rz. 44
Für die Abgrenzung der stillen Gesellschaft zu partiarischen Miet- und Pachtverhältnissen ist wiederum entscheidend, ob ein gemeinsamer Zweck verfolgt wird (dann stille Gesellschaft). Indizien dafür sind eine erhebliche Gewinnbeteiligung, ein Vertragsabschluss für längere Zeit, die Übernahme des Geschäftsrisikos durch den Vermieter und die Vereinbarung erheblicher Kontroll- und Mitwirkungsrechte.