Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 651
Die Errichtung einer Doppelstiftung ermöglicht es, die gemeinnützigkeitsbezogenen Steuervorteile zu nutzen, die Erbschaft- und Schenkungsteuerlast bei Stiftungserrichtung zu minimieren, die Erbersatzsteuer auf die notwendigen Vermögensteile zu beschränken und die unternehmerische Verantwortung bei der Familie zu bündeln.
1. Struktur
Rz. 652
Bei einer Doppelstiftung sind zwei Stiftungen, eine gemeinnützige Stiftung und eine Familienstiftung, zu errichten. Auf die Familienstiftung werden sodann so viele Anteile eines Unternehmens übertragen, wie für die in der Satzung vorgesehene Unterstützung von Familienmitgliedern und der nachfolgenden Generationen erforderlich erscheint. Die restlichen Anteile erhält die gemeinnützige Stiftung. Für sie werden jedoch Stimmrechte ausgeschlossen oder zugunsten der Familienstiftung beschränkt.
Hinweis
Die Errichtung einer Doppelstiftung eignet sich grds. für Unternehmen in Form einer Kapitalgesellschaft. Aus der jüngsten Rspr. zur Formbedürftigkeit einer Übertragung von Immobilien durch Stiftungsgeschäft wird teilweise geschlossen, dass auch die Übertragung von GmbH-Anteilen der Beurkundung bedarf. Bei der GmbH bestehen gegen eine disquotale Gewinn- und Stimmenverteilung grds. keine Bedenken (vgl. § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG). Aber auch bei der AG ist eine disquotale Gewinnverteilung möglich und Stimmrechte können für Vorzugsaktionäre ausgeschlossen werden (vgl. §§ 60 Abs. 3, 139 Abs. 1 AktG).
Ist ein operativ tätiges Unternehmen in Form einer Personengesellschaft organisiert, so ist eine Überführung in eine Doppelstiftung ohne vorherige Umstrukturierungsmaßnahmen in der Regel nicht ratsam: Ist die Personengesellschaft gewerblich tätig, so erzielt die gemeinnützige Stiftung als Gesellschafterin nämlich steuerpflichtige Einkünfte aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb, was in der Regel unerwünscht ist (s. dazu Rdn 673). Aber auch wenn die Personengesellschaft vermögensverwaltend tätig ist (auch bei gewerblicher Prägung), sind die steuerlichen Folgen einer Übertragung zu berücksichtigen: Durch die Übertragung auf eine steuerbefreite Stiftung kommt es zur Aufdeckung der stillen Reserven. Eine etwaige Thesaurierungsbegünstigung fällt bei Übertragung von Mitunternehmeranteilen weg.
Rz. 653
Die Familienstiftung hält somit stimmberechtigte Stammaktien oder Stammgeschäftsanteile, die gemeinnützige Stiftung Vorzugsaktien oder Vorzugsgeschäftsanteile. Ggü. dem Unternehmen decken sich die Interessen beider Stiftungen jedenfalls bzgl. des Hauptinteresses, nachhaltige Erträge aus dem Unternehmen zu erlangen. Durch ein geringeres Volumen der Familienstiftung lassen sich Steuernachteile verringern. Die Steuerfreiheit der gemeinnützigen Stiftung stärkt die Eigenkapitalbasis des Unternehmens, soweit die Stiftung ihre freien Rücklagen im Unternehmen investieren kann (stille Beteiligung, Genussrechte etc.).
2. Abspaltungsverbot
Rz. 654
Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht stellt sich bei der GmbH die Frage, ob eine solche Kombination von Mehrstimmrechten und stimmrechtslosen Anteilen im Fall einer kapitalmäßig nur symbolischen Beteiligung des Mehrstimmberechtigten eine Umgehung des Abspaltungsverbotes darstellt. Inhalt des von der herrschenden Meinung als allgemeiner Grundsatz des Gesellschaftsrechts anerkannten Abspaltungsverbotes ist das Verbot, einzelne Mitgliedschaftsrechte von der Mitgliedschaft als solcher getrennt zu übertragen. Es ist unzulässig, durch Gesellschaftsvertrag anteilslose Stimmrechte zu schaffen. Umgekehrt ist jedoch anerkannt, dass es den Gesellschaftern im Innenverhältnis frei steht, sowohl stimmrechtslose Anteile zu schaffen, als auch einzelnen Gesellschaftern Mehrstimmrechte einzuräumen. § 47 GmbHG ist insofern dispositiv. Eine gemeinnützige Stiftung kann demnach Mehrheitsgesellschafterin einer GmbH sein und gleichzeitig stimmrechtslos gestellt werden. Im Umkehrschluss kann ein Mehrstimmrecht auch zugunsten eines symbolisch beteiligten Gesellschafters geschaffen werden.
3. Familienstiftung und Familie des Stifters
Rz. 655
Die Familienstiftung ist der Prototyp der privatnützigen Stiftung. Dabei ist allerdings weder die privatnützige Stiftung im Allgemeinen noch die Familienstiftung im Speziellen eine besondere Rechtsform der Stiftung, sondern eine Anwendungsform. Das Charakteristikum der Familienstiftung, das sie von anderen Stiftungen unterscheidet, liegt in ihrem familiären Bezug.
Rz. 656
Die Familienstiftung kann in einzelnen Konstellationen ein interessantes Instrume...