Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
1. Errichtung
a) Errichtung durch Gesellschaftsvertrag
Rz. 47
Die stille Gesellschaft wird durch Abschluss eines Gesellschaftsvertrages i.S.v. § 705 Abs. 1 BGB begründet und entsteht – je nach Vereinbarung – mit Abschluss dieses Vertrages oder zu einem späteren Zeitpunkt (aufschiebende Bedingung; zulässig ist auch die Errichtung einer stillen Gesellschaft unter einer auflösenden Bedingung, vgl. unten Rdn 183). Das bloße Hinausschieben der Pflicht des stillen Gesellschafters zur Einlageleistung führt aber im Zweifel nicht zu einem Hinausschieben des Beginns der Gesellschaft. Schuldrechtlich und handelsrechtlich zulässig ist auch die rückwirkende Begründung einer stillen Gesellschaft, d.h. die Rückbeziehung des Beginns auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt. Steuerlich wird eine solche Rückwirkung jedoch nach allgemeinen Grundsätzen nicht anerkannt.
Rz. 48
Enthält der Gesellschaftsvertrag eine Bedingung, ist auf deren Reichweite zu achten, d.h. die Frage, ob das Bestehen der stillen Gesellschaft selbst von der Bedingung abhängig ist oder ob die Bedingung lediglich einzelne Leistungspflichten betrifft.
Rz. 49
Als Innengesellschaft ist die stille Gesellschaft nicht ins Handelsregister einzutragen, § 123 HGB greift nicht.
Rz. 50
Der Gesellschaftsvertrag einer stillen Gesellschaft ist ein schuldrechtlicher Vertrag, in dem sich die Gesellschafter gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zu fördern. Diese gegenseitige Verpflichtung begründet jedoch kein Austauschverhältnis i.S.d. §§ 320 ff. BGB, da die Gesellschafter ihre Leistungspflichten nicht übernehmen, um dafür eine Gegenleistung zu erhalten, sondern um den gemeinsamen Zweck zu fördern. Gleichwohl sind nach herrschender Ansicht bei einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft die Vorschriften über Leistungsstörungen (§§ 320–322 BGB) mit zu berücksichtigen. Darüber hinaus gilt § 315 BGB, sodass die Festlegung einzelner Vertragspflichten auch einem der Gesellschafter überlassen werden kann.
Rz. 51
Für das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander gelten vorrangig die §§ 230–236 HGB. Ergänzend sind die Vorschriften über die GbR (§§ 705 ff. BGB) anzuwenden, soweit nicht das Wesen der stillen Gesellschaft entgegensteht.
Rz. 52
Das in den §§ 305 ff. BGB geregelte Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen findet nach § 310 Abs. 4 BGB keine Anwendung auf Gesellschaftsverträge. Dies gilt nach der Rspr. des BGH auch für die stille Gesellschaft. Der Gesellschaftsvertrag einer stillen Gesellschaft unterliegt deshalb nicht der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB, auch wenn er Bestimmungen enthält, die als allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren wären. In der Lit. ist dies allerdings nach wie vor umstritten. Die wohl herrschende Ansicht folgt dem BGH jedenfalls in Bezug auf die atypische stille Gesellschaft, die den übrigen Personengesellschaften gleicht.
Rz. 53
Umstritten ist die Auffassung des BGH jedoch insb. für die typische stille Gesellschaft, die eher den partiarischen Rechtsverhältnissen ähnlich ist. Grund hierfür ist der schuldrechtliche Charakter der typischen stillen Gesellschaft, die sich primär durch den Willen der Parteien zu einer gemeinsamen Zweckverfolgung von einem bloßen Austauschvertrag unterscheidet. Bei Publikumsgesellschaften findet daneben eine Inhaltskontrolle des Gesellschaftsvertrages unabhängig von den §§ 305 ff. BGB statt, deren Umfang aber weitgehend demjenigen des AGB-Rechts entspricht.
Rz. 54
Allgemein anerkannt ist, dass der stille Gesellschafter seinen Gesellschaftsbeitritt nach den §§ 312, 355 BGB widerrufen kann.
Rz. 55
Schranken für die Errichtung der stillen Gesellschaft können sich insb. aus dem Kartellrecht, gewerberechtlichen und berufsständischen Vorschriften sowie aus dem Kapitalmarktrecht ergeben.
b) Form
Rz. 56
Der Gesellschaftsvertrag der stillen Gesellschaft bedarf grds. keiner Form. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Art der Vermögens...