Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 479
Die Verlagerung der Rechtsinhaberschaft vom Treugeber auf den Treuhänder bedingt insb. bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung einige Besonderheiten, anhand derer sich die Doppelrolle des Treuhänders als Gesellschafter und Treuhänder deutlich zeigt.
1. Beim Treuhänder
Rz. 480
Da der Treuhänder unmittelbarer Gesellschafter ist, fällt der von ihm verwaltete Gesellschaftsanteil bei Insolvenz des Treuhänders zunächst in die Insolvenzmasse. Entsprechendes gilt, wenn Gläubiger des Treuhänders gegen diesen vollstrecken, da dann im Wege der Einzelvollstreckung unmittelbar auf das Treugut Zugriff genommen werden kann. Da der Treuhänder aber wirtschaftlich fremdes Vermögen verwaltet, stehen dem Treugeber als Schutzrechte bei Insolvenz und Zwangsvollstreckung die Aussonderung nach § 47 InsO und die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO zu.
Rz. 481
Die Rechte des Treugebers werden durch das sog. Unmittelbarkeitsprinzip eingeschränkt, nach dem der Treugeber zur Aussonderung des Treuguts oder Erhebung der Drittwiderspruchsklage nur berechtigt ist, wenn das Treugut unmittelbar aus seinem Vermögen auf den Treugeber übertragen wurde. In der Lit. wird das Festhalten am Unmittelbarkeitsprinzip weitgehend abgelehnt, die wohl herrschende Meinung gewährt dem Treugeber die Schutzrechte bereits dann, wenn der Bestimmtheitsgrundsatz hinsichtlich des Treuguts beachtet wurde und die Treuhand nachweisbar und wirksam ist.
Hinweis
Unsicherheiten für den Treugeber aufgrund des Unmittelbarkeitsprinzips können durch sachgerechte Gestaltung des Treuhandvertrages vermieden werden. Erfolg versprechend ist hier bspw. die auflösend oder aufschiebend bedingte Rückabtretung des Gesellschaftsanteils an den Treugeber für den Fall der Insolvenz des Treuhänders oder bei Vollstreckungsmaßnahmen in das Treugut.
Rz. 482
Seit der Änderung des HGB im Jahr 1998 führen Insolvenz eines Gesellschafters oder Kündigung der Gesellschaft durch dessen Privatgläubiger bei Personenhandelsgesellschaften mangels anderweitiger Vereinbarungen nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft, sondern nur noch zum Ausscheiden des Gesellschafters. Aussonderungsgegenstand bzw. Gegenstand der Drittwiderspruchsklage ist daher nicht der Gesellschaftsanteil, sondern das Abfindungsguthaben des ausgeschiedenen Gesellschafters. Ob das Ausscheiden bei Insolvenz oder Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Treuhänder auch durch eine Auswechselung des Treuhänders abgewendet werden kann, hängt im Einzelfall von der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages und den wechselseitigen Treuepflichten ab.
Rz. 483
Bei der Kapitalgesellschaft führen Insolvenz und Zwangsvollstreckung gegen einen Gesellschafter nicht ohne Weiteres zu dessen Ausscheiden, sodass sich Aussonderungs- und Drittwiderspruchsrechte auf den Gesellschaftsanteil beziehen.
2. Beim Treugeber
Rz. 484
Im Fall der Zwangsvollstreckung gegen den Treugeber haben die Gläubiger keinen unmittelbaren Zugriff auf das Treugut; sie können aber die Ansprüche des Treugebers aus dem Treuhandvertrag (z.B. Anspruch auf Rückübertragung des Gesellschaftsanteils) pfänden und sich nach §§ 828 ff. ZPO zur Einziehung überweisen lassen. Die Gläubiger sind in diesem Fall auch berechtigt, den Treuhandvertrag zu kündigen.
Rz. 485
Der Übergang des Gesellschaftsanteils auf die Gläubiger bedarf allerdings der Zustimmung der Mitgesellschafter. Fehlt diese, bleiben nur die allgemeinen Verwertungsmöglichk...