Rz. 76

Obliegenheitsverletzungen nach Eintritt des Versicherungsfalles sind in § 17 Abs. 3 bis 6 ARB 2008/2010 geregelt.

1. Informationspflicht (§ 17 Abs. 3 ARB 2008/2010)

 

Rz. 77

§ 33 Abs. 1 VVG verlangt zwar von dem Versicherungsnehmer, dass er den Versicherer unverzüglich vom Eintritt eines Schadenfalles informiert. Eine Verletzung dieser gesetzlichen Obliegenheit ist jedoch weder im VVG noch in den ARB mit Rechtsfolgen sanktioniert.

 

Rz. 78

Es genügt daher in der Regel, den Rechtsschutzversicherer erst zu informieren, wenn abzusehen ist, dass Rechtsverfolgungskosten entstehen, die nicht von der Gegenseite zu erstatten sind.

 

Rz. 79

Auf der anderen Seite ist der Versicherungsnehmer nach § 17 Abs. 3 ARB 2008/2010 verpflichtet, "den Versicherer vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Rechtsschutzes zu unterrichten sowie Beweismittel anzugeben und Unterlagen auf Verlangen zur Verfügung zu stellen". Diese Informationspflicht besteht jedoch erst dann, wenn der Versicherungsnehmer den Rechtsschutzanspruch geltend macht.

 

Rz. 80

Die bloße Übersendung der Klageschrift ohne weitere Informationen oder Unterlagen reicht nicht aus.[35]

[35] AG Coburg, VersR 2003, 321 m.w.N.

2. Abstimmungsobliegenheit (§ 17 Abs. 5 lit. c ARB 2008/2010)

 

Rz. 81

Der Versicherungsnehmer muss vor Erhebung von Klagen und Einlegung von Rechtsmitteln die Zustimmung des Rechtsschutzversicherers einholen.

3. Warteobliegenheit (§ 17 Abs. 5 lit. c bb ARB 2008/2010)

 

Rz. 82

Nach § 17 Abs. 5 lit. c bb ARB 2008/2010 muss der Versicherungsnehmer "vor Klageerhebung die Rechtskraft eines anderen gerichtlichen Verfahrens abwarten, das tatsächliche oder rechtliche Bedeutung für den beabsichtigten Rechtsstreit haben kann".

 

Rz. 83

Der Anwendungsbereich dieser Obliegenheit ist denkbar gering, da "Musterprozesse", deren Ergebnis abzuwarten ist, selten sind. "Derselbe Versicherungsfall" setzt voraus, dass auch "derselbe Lebenssachverhalt" zu beurteilen ist.[36] Diese Tatsachenidentität liegt nur ganz selten vor.

 

Rz. 84

Es besteht keine Obliegenheit, nur eine Teilklage zu erheben[37] oder für ein "Musterverfahren", wenn drei Prozesse gegen drei Versicherer anstehen.[38]

[36] OLG Köln, r+s 2000, 288 = zfs 2000, 266; van Bühren/Plote, § 17 ARB Rn 20.
[37] OLG Hamm, r+s 1993, 145; OLG Hamm, zfs 2000, 409.
[38] OLG Köln, r+s 2001, 153; LG Münster – 15 O 281/08, r+s 2010, 106.

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