Rz. 49
Hinweis
Zu verunfallten Kindern vgl. die Ausführungen in Kapitel 7 (siehe § 7 Rn 16 ff.).
Zum Thema
Böhme/Biela, 25. Aufl. 2013, Kap. 4 Rn 148 ff.; Küppersbusch/Höher, 11. Aufl. 2013, Rn 64 ff.
Rz. 50
Es gilt der Grundsatz: ""Je früher ein Wiedereingliederungsversuch nach dem Unfallgeschehen startet, desto höher ist die Chance auf eine erfolgreiche Wiedereingliederung."" Internationale Studien kommen zu folgendem Ergebnis (siehe auch § 12 Rn 1):
Die Chance erneuter Arbeitsaufnahme liegt
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nach 6 Monaten Abwesenheit von der Arbeit bei 50 %, |
▪ |
nach 12 Monaten Abwesenheit von der Arbeit bei 20 %, |
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nach 24 Monaten Abwesenheit von der Arbeit bei 10 %. |
Rz. 51
Die langen Wartezeiten belasten den Verletzten, aber auch dessen Familie.
I. Reha-Maßnahme
Rz. 52
Die wichtigste berufliche Reha-Maßnahme ist die Umschulung.
Rz. 53
Als Träger der Maßnahme kommen
▪ |
neben der Bundesagentur für Arbeit |
▪ |
vor allem Rentenversicherung (Voraussetzung: Erfüllung der Wartezeit von 15 Jahren (§ 11 I Nr. 1 SGB VI) bzw. zur Vermeidung einer Erwerbsminderungsrente (§ 11 I Nr. 2, IIa Nr. 1 SGB VI) oder im Anschluss an eine medizinische Maßnahme (§ 11 IIa Nr. 2 SGB VI)) |
▪ |
und gesetzliche Unfallversicherung (Voraussetzung: Arbeitsunfall, § 8 SGB VII) in Betracht. |
Rz. 54
Aufgrund der sozialrechtlichen Bestimmungen nicht zuletzt des SGB IX ist in der Praxis für den Schadenersatzschuldner im Vorfeld häufig nicht überschaubar und klar, ob Arbeitsagentur oder RVT für die Bezahlung der Umschulung zuständig ist. Nach § 5 Nr. 2, § 6 I Nr. 2 und 4 SGB IX sind u.a. Arbeitsagentur als auch RVT in Betracht kommende zuständige Reha-Träger. Angesichts der auch vom Versicherten (verletzte Person) beeinflussbaren Antragstellung und des anschließenden Verfahrens (siehe §§ 14, 15 SGB IX) kann trotz der rechtlich in § 22 II SGB II bestimmten Subsidiarität die Arbeitsverwaltung primär zuständig werden. Die Eintrittspflicht von entweder RVT oder Arbeitsagentur stellt sich im Ergebnis für denjenigen, der nach § 116 SGB X dem Regress ausgesetzt ist, letztlich als parallel gestaltete Einstandspflicht dar. Angesichts der vom BGH (siehe § 2 Rn 570) aufgestellten Kriterien des Schuldnerschutzes ist von Gesamtgläubigerschaft jedenfalls von RVT und Arbeitsagentur hinsichtlich der Umschulungskosten auszugehen.
Rz. 55
Wird eine berufliche Reha-Maßnahme auf Kosten der Arbeitsagentur durchgeführt, werden Übergangsgeld und Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung) gezahlt, § 119 SGB III (§ 160 SGB III a.F.).
II. Teilnahmepflicht
Rz. 56
Kann der Verletzte in seinem erlernten Beruf unfallbedingt nicht mehr tätig sein, ist er grundsätzlich im Rahmen seiner Schadengeringhaltungsverpflichtung verpflichtet, sich einer geeigneten Weiterbildung oder Umschulung in einen anderen Beruf, der seinen Behinderungen gerecht wird, zu unterziehen, wenn damit sein ansonsten eintretender Erwerbsschaden gemindert oder ausgeschlossen werden kann. Erforderlichenfalls muss er auch einen Umzug hinnehmen.
Rz. 57
Eine Umschulung als Maßnahme zur Schadenminderung ist allerdings nur geschuldet, wenn sie zumutbar ist. I.d.R. fehlt es hieran, wenn die Umschulung allen beruflichen Neigungen und Fertigkeiten des Geschädigten widerspricht.
Rz. 58
Dem Unfallverletzten obliegt es im Verhältnis zum Schädiger, seine verbliebene Arbeitskraft in den Grenzen des Zumutbaren so nutzbringend wie möglich zu verwerten; im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht kann er grundsätzlich auch gehalten sein, an Umschulungsmaßnahmen teilzunehmen. Dies setzt allerdings voraus, dass überhaupt Aussicht auf Erfolg einer Umschulung und eine nutzbringende Tätigkeit in dem neu...