Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 155
Bei Passivprozessen gegen den Nachlass, § 2213 BGB, ist immer § 748 ZPO zu beachten. Zwar können Gläubiger des Nachlasses immer gegen den Erben, der die Erbschaft angenommen hat (§ 1958 BGB) klagen, denn es kann auch grundsätzlich auf das Eigenvermögen des Erben zugegriffen werden. Unterliegt das entsprechende Recht jedoch dem Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers, so ist nach § 748 ZPO neben dem Titel gegen den Erben auch noch ein Titel gegen den Testamentsvollstrecker erforderlich. Für den betreibenden Gläubiger ist es daher dringend zu empfehlen, Erben und Testamentsvollstrecker gemeinschaftlich zu verklagen, wobei der Testamentsvollstrecker auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass in Anspruch zu nehmen ist.
a) Gegenstand des Passivprozesses i.S.d. § 2213 BGB
Rz. 156
Der Passivprozess nach § 2213 BGB erfasst alle Formen gerichtlicher Streitigkeiten, unabhängig von der Verfahrensart. Entscheidend ist nicht die formale Parteirolle des Testamentsvollstreckers als Beklagtem, sondern die Frage, ob materiellrechtlich ein gegen den Nachlass gerichteter Anspruch abgewehrt werden soll.
Nicht unter § 2213 BGB fallen daher Streitigkeiten der Miterben untereinander. Nicht unter § 2213 BGB fallen auch die Ansprüche gegen den Testamentsvollstrecker persönlich, in denen keine "Amtshandlung" von ihm begehrt wird. Angesprochen sind hier insbesondere Schadensersatzansprüche nach § 2219 BGB oder Ansprüche auf Herausgabe der Erbschaft nach Beendigung der Testamentsvollstreckung gem. §§ 2218, 667 BGB.
b) Umfang der Inanspruchnahme von Testamentsvollstrecker und Erbe
Rz. 157
Der Umfang der Inanspruchnahme von Testamentsvollstrecker und Erbe richtet sich nach dem Umfang der angeordneten Testamentsvollstreckung. § 2213 Abs. 1 S. 1 BGB geht vom Normalfall der Testamentsvollstreckung (§§ 2203–2206 BGB) aus. Der Nachlassgläubiger kann hier den Testamentsvollstrecker allein oder nur den Erben oder beide gleichzeitig verklagen. Die Klage kann auch hintereinander erfolgen. Um in das Eigenvermögen des Erben zu vollstrecken, wird immer ein Titel gegen den Erben benötigt, um in den Nachlass zu vollstrecken, und ein Titel gegen den Testamentsvollstrecker, § 748 Abs. 1 ZPO.
Rz. 158
Nur gegen den Erben ist die Klage im Falle des § 2213 Abs. 1 S. 2 BGB zu richten, also in den Fällen der gegenständlich beschränkten Testamentsvollstreckung nach § 2208 Abs. 1 S. 2 BGB. Nach § 748 Abs. 2 ZPO ist aber auch hier eine Klage gegen den Testamentsvollstrecker auf Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich, um in den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlass vollstrecken zu können. Anderenfalls könnte die Vollstreckung nur in das Eigenvermögen des Erben oder in den nicht der Testamentsvollstreckung unterworfenen Nachlass erfolgen.
Eine unzulässige Leistungsklage gegen den Testamentsvollstrecker wird auch noch in einer Rechtsmittelinstanz in eine zulässige Duldungsklage umgedeutet werden können.
c) Testamentsvollstrecker im Pflichtteilsprozess
Rz. 159
Pflichtteilsansprüche können nach § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB nicht gegen den Testamentsvollstrecker, sondern nur gegen den Erben geltend gemacht werden. Dies gilt auch, wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des ganzen Nachlasses zusteht. Dieses rechtliche Schicksal teilen auch die vorbereitenden Ansprüche auf Auskunftserteilung und Wertermittlung nach § 2314 BGB. Die h.M. folgert aus § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB, dass der Testamentsvollstrecker gegen den Willen des Erben eine Pflichtteilsforderung nicht rechtsgeschäftlich anerkennen darf, und zur Erfüllung ausnahmsweise nur dann berechtigt ist, wenn es sich um unstreitige Pflichtteilsforderungen handelt. Nur dann handelt er in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben nach §§ 2205, 2046, 1967 Abs. 2 BGB. Ob ein entgegen § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB abgegebenes prozessuales Anerkenntnis gegenüber dem Nachlass wirksam ist, ist streitig.
Rz. 160
In der Praxis ergibt sich aus dieser Konstellation durchaus ein Dilemma. Steht der Nachlass unter Testamentsvollstreckung, verfügt der Erbe nicht selbst über die Erkenntnismöglichkeiten, um die gegen ihn gerichteten Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten zu erfüllen. Er muss sich diese Informationen erst vom Testamentsvollstrecker beschaffen. Zur entsprechenden Mithilfe ist der Testamentsvollstrecker auch verpflichtet.
Gestaltungshinweis
In aller Regel wird es dem Willen des Erblassers entsprechen, dass die Regelung der Pflichtteilsansprüche durch den Testamentsvollstrecker erfolgt. Bei einem entsprechenden Einvernehmen zwischen Erben u...