Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 102
Gemäß § 20 GBO darf die Auflassung eines Grundstücks im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn die Einwilligung des Berechtigten und des anderen Teils über den Rechtsübergang erklärt ist. Daneben setzt die Eintragung gemäß § 19 GBO die Bewilligung des in seinem Recht Betroffenen voraus. Dabei korrespondiert die Befugnis zur Abgabe der Eintragungsbewilligung mit der materiellen Verfügungsbefugnis. Erklärt ein Testamentsvollstrecker Auflassung und Bewilligung, hat daher das Grundbuchamt dessen Verfügungsbefugnis zu prüfen. Zum Nachweis ist regelmäßig die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlich, § 35 Abs. 2 Hs. 1 GBO, aber auch ausreichend. Ist ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt, wird im Grundbucheintragungsverfahren die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers allein durch das Zeugnis nachgewiesen. Auch Beschränkungen seiner Verfügungsbefugnis infolge von Anordnungen des Erblassers ergeben sich aus dem Zeugnis. Sind im Testamentsvollstreckerzeugnis keine Abweichungen vom gesetzlichen Umfang der Befugnisse angegeben, hat das Grundbuchamt in aller Regel ohne eigene Sachprüfung davon auszugehen, dass Einschränkungen der gesetzlichen Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nicht bestehen. Zu einer eigenen, ergänzenden oder berichtigenden Auslegung der letztwilligen Verfügung ist das Grundbuchamt nicht berechtigt. Die Prüfungspflicht und das Prüfungsrecht des Grundbuchamts sind in diesen Fällen deshalb darauf beschränkt, ob der Testamentsvollstrecker die gesetzlichen Schranken seiner Verfügungsmacht eingehalten, insbesondere nicht über das zulässige Maß hinaus unentgeltlich über Nachlassgegenstände verfügt hat, § 2205 S. 3 BGB. Eine Ausnahme gilt allerdings, wenn dem Grundbuchamt konkrete, vom Nachlassgericht nicht berücksichtigte Tatsachen bekannt sind, welche die Unrichtigkeit des Zeugnisses erweisen und demzufolge seine Einziehung erwarten lassen. Vielmehr hat das Grundbuch dann zunächst die Pflicht, unter Schilderung des Sachverhaltes und seiner Rechtsauffassung beim Nachlassgericht die Einziehung oder Kraftloserklärung des Testamentsvollstreckerzeugnisses anzuregen. Hält das Nachlassgericht allerdings an seiner Rechtsauffassung fest, ist das Grundbuchamt nun hieran gebunden.
Rz. 103
Die Verfügungsbefugnis muss grds. – von den in § 878 BGB geregelten Ausnahmen abgesehen – bis zur Vollendung des Rechtserwerbs durch Eigentumsumschreibung im Grundbuch bestehen. § 878 BGB findet keine analoge Anwendung beim Wegfall der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers. Die Verfügungsbefugnis muss nicht nur beim Abschluss des notariellen Kaufvertrags vorliegen, sondern auch im Zeitpunkt der Eigentumseintragung im Grundbuch. Der dazwischen liegende Zeitraum kann, in Abhängigkeit zu der Arbeitsbelastung der Grundbuchämter etwas länger dauern. Der Testamentsvollstrecker kann in diesem Zwischenstadium seine Verfügungsbefugnis verlieren, z.B. durch Amtsniederlegung, Entlassung, Tod oder Eintritt von Geschäftsunfähigkeit.
Gestaltungshinweis
Aus diesem Grunde wird zum Schutz des Erwerbers empfohlen, dass der Kaufpreis auf ein Notaranderkonto eingezahlt wird, sodass der Erwerber den Kaufpreis wenigstens unproblematisch zurückerhält, wenn die Eigentumsumschreibung wegen weggefallener Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers scheitern sollte. Denkbar ist auch, dass alle Erben gemeinsam den Notarvertrag unterschreiben. An dieser Stelle zeigt sich der Vorteil, wenn der Testamentsvollstrecker mit einer postmortalen notariellen Vollmacht ausgestattet ist und die Eigentumsumschreibung mithilfe dieser Vollmacht vorgenommen wird. Eintritt von Tod oder Geschäftsunfähigkeit des Bevollmächtigten – aber auch ein etwaiger Widerruf der Vollmacht durch einen Erben – nach Eingang des Umschreibungsantrags beim Grundbuchamt hindern die Eigentumsumschreibung nicht.