Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 140
Die Möglichkeiten, die vorläufig beschränkte Haftung des Erben gegenüber den Nachlassgläubigern geltend zu machen, sind rechtlich schwierig und damit regressträchtig. Schlagen sie fehl, besteht die Gefahr, dass die Erben persönlich in die Haftung genommen werden und sich dann beim Testamentsvollstrecker schadlos halten werden. Die zuverlässigsten Mittel, die Haftung des Erben gegenüber allen Nachlassgläubigern endgültig auf den Nachlass zu beschränken, sind die Nachlassverwaltung nach § 1975 BGB sowie Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens nach §§ 11, 315 ff. InsO. Beide führen zu einer Gütersonderung (Trennung) zwischen Nachlass und Eigenvermögen des Erben.
1. Antrag auf Anordnung der Nachlassverwaltung, §§ 1975 ff. BGB
Rz. 141
Die Nachlassverwaltung dient vor allem dem Interesse des Erben, sein Haftungsrisiko bei einem unübersichtlichen Nachlass zu beschränken. Der Antrag ist beim zuständigen Nachlassgericht zu stellen. Antragsberechtigt ist der Erbe, auch bei eingerichteter Testamentsvollstreckung. Die daneben bestehende Antragsbefugnis des Testamentsvollstreckers wird aus einer entsprechenden Anwendung des § 317 InsO hergeleitet.
Rz. 142
Der Nachlassverwalter wird als amtlich bestelltes Organ zur Verwaltung einer fremden Vermögensmasse in eigener Parteistellung tätig. Während der Dauer der Nachlassverwaltung ruhen die Verwaltungs- und Verfügungsrechte des Erben sowie des Testamentsvollstreckers.
2. Antrag auf Nachlassinsolvenz, §§ 315 ff. InsO
Rz. 143
Stellt sich heraus, dass durch Nachlassverbindlichkeiten der Nachlass überschuldet oder gefährdet ist, ist der Erbe, daneben aber auch der Testamentsvollstrecker berechtigt, Nachlassinsolvenz zu beantragen, sofern er nicht nur einzelne Vermögensgegenstände verwaltet. Ob eine Antragspflicht für den Testamentsvollstrecker besteht, ist streitig. Empfehlenswert ist die Antragstellung aber schon aus Gründen der Haftung nach §§ 2219 BGB. Der Antrag ist bei dem für den letzten Wohnort des Erblassers zuständigen Insolvenzgericht zu stellen.
Rz. 144
Die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens führt nicht zur Beendigung der Testamentsvollstreckung, sondern nur zum Ruhen seiner Befugnisse während der Dauer des Verfahrens.
3. Handlungsempfehlungen
Rz. 145
Die möglichst schnelle Stellung eines Antrages auf Nachlassverwaltung nach § 1975 BGB, der später möglicherweise in ein Nachlassinsolvenzverfahren übergehen wird, ist die Handlungsoption für den geschäftsmäßig agierenden Testamentsvollstrecker, der das Testamentsvollstreckeramt bereits angetreten hat und mit einem dürftigen Nachlass konfrontiert ist. Die Antragsbefugnis ist weitgehend unstreitig, und mit der Bestellung des Nachlassverwalters ruhen die Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers. Er kann daher jetzt sein Amt nach § 2226 BGB kündigen, ohne die Nachteile einer Kündigung zu Unzeit fürchten zu müssen.
Rz. 146
Möchte der Testamentsvollstrecker nicht so weit gehen, sondern sich zunächst nur einen Überblick über den Stand des Nachlasses und die Höhe der Nachlassverbindlichkeiten verschaffen, um auf dieser Grundlage ggf. die Entscheidung über die Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens treffen zu können, kommt die Einleitung des Aufgebotsverfahrens nach § 1970 BGB in Betracht. Antragsberechtigt ist neben dem Erben auch der Testamentsvollstrecker, § 991 Abs. 3 ZPO. Dieses Verfahren empfiehlt sich daher als absolutes Minimum für den Fall, dass unbekannte Nachlassverbindlichkeiten vermutet werden. Eine unterbliebene Antragstellung kann als zum Schadenersatz führende Pflichtverletzung gewertet werden.