Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 134
Bei der Problematik eines unüberschaubaren und möglicherweise überschuldeten Nachlasses, für den die Testamentsvollstreckung übernommen werden soll, handelt es sich nicht um ein spezifisch auf unternehmerische Nachlässe bezogenes Problem. Für geschäftsmäßig agierende Testamentsvollstrecker sind solche Nachlässe jedoch besonders ärgerlich, weil sie regelmäßig zu einer erheblichen Disproportionalität zwischen Zeitaufwand für die Vollstreckung und Haftungsrisiko einerseits sowie Höhe der Vergütung andererseits führen.
Praxishinweis
Zu warnen ist zunächst vor einer vorschnellen Annahme des Amtes als Testamentsvollstrecker. Zur Amtsannahme besteht keine Rechtspflicht, auch nicht bei der Bestimmung durch das Nachlassgericht. Mittelbare Sanktionen wie eine Schadenersatzpflicht bestehen ebenfalls nicht. Wurde das Amt angenommen und stellen sich erst jetzt die Abwicklungsschwierigkeiten heraus, kann das Amt zwar jederzeit ohne Angabe von Gründen durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht nach § 2226 BGB niedergelegt werden. Erfolgt die Niederlegung jedoch zur Unzeit, kann sich der Testamentsvollstrecker nach § 671 Abs. 2, 3 BGB schadenersatzpflichtig machen.
Rz. 135
Die Werthaltigkeit eines Nachlasses lässt sich für niemanden vorherbestimmen. Die Kenntnis der Handlungsoptionen für dürftige Nachlässe gehört zum Risikomanagement jedes geschäftsmäßig agierenden Testamentsvollstreckers.
I. System der Erbenhaftung
Rz. 136
Nach dem Grundsatz der Universalsukzession geht das Vermögen als Ganzes auf den Erben über, § 1922 Abs. 1 BGB. Dies gilt gleichermaßen für die Schulden des Erblassers, § 1967 Abs. 1 BGB. Zu seinem Eigenvermögen erwirbt der Erbe mit dem Nachlass eine weitere Vermögensmasse. Beide Vermögensmassen verschmelzen miteinander. Haftungsrechtlich können die beiden Vermögensmassen in verschiedenen Situationen jedoch rechtlich getrennt behandelt werden, so dass Gläubiger des Nachlasses vom Zugriff auf das Eigenvermögen des Erben ausgeschlossen werden können.
II. Haftung bis zur Annahme der Erbschaft
Rz. 137
Vor der Annahme der Erbschaft haftet der Erbe nicht für eine Nachlassverbindlichkeit, § 1958 BGB. Bis zur Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft besteht ein Schwebezustand. Die ultimative Form der Vermeidung einer Haftung mit dem Privatvermögen stellt die Ausschlagung der Erbschaft dar. Für den Testamentsvollstrecker scheidet diese Möglichkeit jedoch aus, da es sich um ein höchstpersönliches Recht des Erben handelt.
III. Beschränkbare Erbenhaftung nach der Annahme der Erbschaft
Rz. 138
Nach Annahme der Erbschaft kann der Erbe für einen Zeitraum von regelmäßig drei Monaten – sog. Dreimonatseinrede – die Begleichung einer Nachlassverbindlichkeit verweigern, § 2014 BGB, soweit sie über die Sicherung der Zwangsvollstreckung eines Nachlassgläubigers in den übernommenen Nachlass hinausgeht, § 782 ZPO. Eine zeitlich weitergehende Beschränkung ist über die Einleitung des Aufgebotsverfahrens gegen die Nachlassgläubiger nach §§ 2015, 1970 ff. BGB möglich, das innerhalb eines Jahres nach der Annahme der Erbschaft beantragt und zugelassen sein muss, sog. Aufgebotseinrede. Diese Einreden kann auch der verwaltende Testamentsvollstrecker erheben.
Rz. 139
Ein besonderes Verweigerungsrecht steht dem Miterben zu. Nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB haftet im Falle der Miterbengemeinschaft zunächst diese und nicht der Erbe mit seinem Vermögen, sog. Teilungseinrede.
IV. Endgültige Haftungsbeschränkung
Rz. 140
Die Möglichkeiten, die vorläufig beschränkte Haftung des Erben gegenüber den Nachlassgläubigern geltend zu machen, sind re...