Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
I. Prozessführung durch den Testamentsvollstrecker
Rz. 147
Auch wenn Testamentsvollstrecker, die nicht zur Berufsgruppe der Rechtsanwälte gehören, eher selten Prozesse selbst führen werden, schon wegen des im Zivilverfahren geltenden Anwaltszwangs bei Streitwerten oberhalb von 5.000 EUR, gehören die sich im Rahmen einer Testamentsvollstreckung ergebenden Besonderheiten doch zum Basiswissen eines geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckers.
1. Eigenprozesse des Testamentsvollstreckers
Rz. 148
Wenn es um seine persönlichen Rechte und Pflichten geht, klagt der Testamentsvollstrecker wie jede andere Person. Dabei trägt er auch die Kosten für ein etwaiges Unterliegen persönlich. Unter diese Fallgruppe sind Klagen des Testamentsvollstreckers auf Aufwendungsersatz (§§ 2211, 670 BGB) oder Vergütung (§ 2221 BGB) zu verstehen. Ebenfalls hierunter fallen etwaige Klagen, die das Testamentsvollstreckeramt unmittelbar betreffen, beispielsweise also Fragen der wirksamen Ernennung oder Beendigung des Amtes. Als Passivprozess kommt insbesondere der Haftungsprozess gegen den Testamentsvollstrecker wegen Pflichtverletzungen in Betracht. Der Testamentsvollstrecker unterscheidet sich hier in der Art und Weise seiner Prozessführung nicht von einer beliebigen Prozesspartei.
Anders sieht es aus, wenn der Testamentsvollstrecker für den Nachlass tätig wird oder Prozesse gegen den Nachlass zu führen sind. Hierfür gelten die Vorschriften der §§ 2212, 2213 BGB.
2. Aktivprozesse des Nachlasses
Rz. 149
Aus seiner Stellung als Partei kraft Amtes heraus klagt der Testamentsvollstrecker im Aktivprozess nicht als Vertreter der Erben, sondern im eigenen Namen und auch Leistung an sich. Ihm kommt daher die Parteirolle zu, während der Erbe regelmäßig als Zeuge vernommen werden kann. Vergleichbar der Situation beim Insolvenzverwalter kann auch dem Testamentsvollstrecker Prozesskostenhilfe gewährt werden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen der §§ 114, 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorliegen.
a) Umfang der Prozessführungsbefugnis
Rz. 150
Nach § 2212 BGB geht die Prozessführungsbefugnis des Testamentsvollstreckers so weit, wie seine Verwaltungsbefugnis geht. Nach überwiegender Auffassung ist eine Klage nicht wegen fehlender Aktivlegitimation als unbegründet, sondern wegen fehlender Prozessvoraussetzungen als unzulässig abzuweisen, wenn das Prozessführungsrecht fehlt.
Rz. 151
Sind mehrere Testamentsvollstrecker berufen, so ist zu prüfen, ob sie gemeinsam zur Vollstreckung berufen sind, § 2224 Abs. 1 BGB. In diesen Fällen sind sie notwendige Streitgenossen nach § 61 Abs. 1 Alt. 2 ZPO. Alleinprozessführungsbefugt ist hingegen der Mittestamentsvollstrecker, der bezüglich des konkreten Rechts zur alleinigen Verwaltung berufen ist, § 2224 Abs. 1 S. 3 BGB. Entsprechendes gilt, wenn die Prozessführung zur Erhaltung eines Nachlassgegenstandes notwendig ist, § 2224 Abs. 2 BGB.
Rz. 152
§ 2212 BGB ist nicht zwingendes Recht. Bei dem Prozessführungsrecht handelt es sich um einen Teil des Verwaltungsrechts des Testamentsvollstreckers. Folglich kann der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung das Prozessführungsrecht anderweitig, insbesondere den Erben zuweisen. Auch kann der Testamentsvollstrecker im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft die Erben zur Prozessführung ermächtigen.
Rz. 153
Zur Erhebung einer Klage auf Feststellung des Erbrechts ist der Testamentsvollstrecker grundsätzlich nicht berechtigt. Der Grund ist darin zu sehen, dass das Erbrecht als solches nicht der Testamentsvollstreckung unterliegt. Ausnahmsweise kann der Testamentsvollstrecker das Erbrecht jedoch feststellen lassen, wenn er eigenes rechtliches Interesse geltend machen kann, beispielsweise um die zu seinem Aufgabenbereich gehörende Erbauseinandersetzung überhaupt erst durchführen zu können.
b) Rechtskrafterstreckung
Rz. 154
Urteile, die nach § 2212 BGB ergehen, wirken gem. § 327 Abs. 1 ZPO für und gegen die Erben. Will ein Erbe nach Beendigung der Testamentsvollstreckung aus einem solchen Urteil die Zwangsvollstreckung betreiben, so muss die Vollstreckungsklausel zunächst nach §§ 728 Abs. 2, 727 ZPO umgeschrieben werden.
Findet der Testamentsvollstrecker einen Vollstreckungstitel zugunsten des Erblassers vor, so wirkt dieser Titel auch für den Testamentsvollstrecker. Die Vollstreckungsklausel muss gem. §§ 749, 727 ZPO umgeschrieben werden. Dabei hat der Testamentsvollstrecker nachzuweisen (was beispielsweise durch die Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses geschehen kann), dass das betreffende Recht seiner Verwaltung unterliegt.
3. Passivprozesse
Rz. 155
Bei Passivprozessen gegen den Nachlass, § 2213 BGB, ist immer § 748 ZPO zu beachten. Zwar können Gläubiger des Nachlasses immer gegen den Erben, der die...