Rz. 28

Im Fallbeispiel erfolgte eine Kürzung des Unterhalts der F1, um den Mindestbedarf der F2 sicherzustellen, wenngleich dies letztlich nicht vollständig möglich war, weil auch dem Mindestbedarf der vorrangigen F1 Rechnung zu tragen war. Der Mindestbedarf der F2 war nicht gewahrt, weil für die Berechnung das Einkommen des M in Höhe von 3.200 EUR herangezogen wurde und hiervon Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt für F1 abgezogen wurden.

 

Rz. 29

Hierbei ist jedoch Folgendes zu bedenken:

Wenn im Verhältnis zu F1 ein Einkommen von 3.200 EUR angesetzt wurde, so ist dies das Einkommen ohne den Splittingvorteil aus der zweiten Ehe. Das Einkommen des M ist also so ermittelt, als wäre M infolge Scheidung unverheiratet (bei Lohnsteuer: Steuerklasse 1). Tatsächlich ist M jedoch mit F2 verheiratet, was steuerlich einen Vorteil bringt (Splittingvorteil; bei Lohnsteuer: Steuerklasse 3). Dieser Vorteil aus der zweiten Ehe kommt – wenngleich in identischer Form früher auch in der ersten Ehe vorhanden, aber eben aufgrund der Ehe mit F1 – nur der zweiten Ehe zugute.

 

Rz. 30

Auf das Fallbeispiel bezogen bedeutet dies vereinfacht: M hat ständig ein Bruttoeinkommen von ca. 5.600 EUR.

Bei der Berechnung des Unterhalts der F1 ist das Nettoeinkommen so zu bestimmen, als wäre M unverheiratet, was ein Nettoeinkommen von ca. 3.200 EUR ergibt. Dies hat nach Abzug von Kindesunterhalt und dem Unterhalt für F1 zu einem prägenden Einkommen im Verhältnis zu F2 von 1.757,50 EUR (3.200 – 414,50 – 1.028 EUR) geführt.

 

Rz. 31

Tatsächlich beträgt bei weiterhin 5.600 EUR brutto das Nettoeinkommen des M infolge der Ehe mit F2 (Einkommensteuerermittlung nach dem sog. Splitting-Verfahren bei Zusammenveranlagung) ca. 3.700 EUR. Nach Abzug des Kindesunterhalts (aus dem höheren Einkommen: 436,50 EUR) und des Unterhalts für F1 verbleiben 2.235,50 EUR (3.700 – 436,50 – 1.028 EUR), so dass der Mindestbedarf der F2 auch ohne Kürzung des Unterhalts von F1 gewahrt ist.[2]

[2] Dazu, welches Einkommen in Bezug auf F1 und welches in Bezug auf F2 anzusetzen ist, vgl. Maurer, FamRZ 2011, 849, 859 f. Zu den nachehelichen Änderungen der finanziellen Verhältnisse, die wegen bzw. trotz des Stichtagsprinzips unbeachtlich bzw. beachtlich sind, vgl. Maurer, FamRZ 2011, 849, 854 f.

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