Rz. 1
Vergütungsrecht wird am ehesten mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gleichgesetzt. Doch die InsVV ist hiermit schwerlich vergleichbar. Während beim RVG einzelne "Geschäfte" mit einer entsprechenden Gebühr "honoriert" werden, wird durch die InsVV weitestgehend für alle in der Insolvenzordnung geregelten unterschiedlichen Verfahren eine angemessene Vergütung bestimmt, die sowohl den Verfahrensarten als auch den Aufgaben der innerhalb der Verfahren Tätigen gerecht wird. Was angemessen ist, entscheidet letztlich das Insolvenzgericht. Während das RVG den sog. "Streitwert" kennt – welcher variiert –, besteht im Insolvenzrecht eine einheitliche Berechnungsgrundlage und eine einheitliche Vergütungsstruktur. Anders als beispielsweise bei den Gebühren für Anwälte, Notare oder Ärzte ist das Bestehen eines Anspruchs auf Insolvenzverwaltervergütung nach § 63 Abs. 1 S. 1 InsO nicht davon abhängig, dass der Leistende über einen bestimmten akademischen Abschluss verfügt.
Rz. 2
Während "Berechnungsgrundlage" im RVG also regelmäßig der sog. Streitwert ist oder sich die Gebühren nach festen Sätzen oder Betragsrahmen orientieren, kennt das Insolvenzrecht solche Regelungen für die Vergütung des Insolvenzverwalters nicht. Dabei ist die Vergütung des Insolvenzverwalters als reine Tätigkeitsgebühr in erster Linie erfolgsunabhängig und tätigkeitsbezogen konstruiert. "In erster Linie" bedeutet ein indirektes Erfolgskorrektiv. Denn die Verwaltervergütung errechnet sich aus den (stark degressiven) Gebührensätzen des § 2 InsVV errechnet aus der Insolvenzmasse. Die Berechnungsgrundlage ist daher indirekt als Erfolgsmerkmal zu verstehen: je mehr Masse generiert wird, desto höher letztlich die Vergütung des Verwalters, die sich daraus errechnet. Der Insolvenzverwalter hat daher Anreize, möglichst einen hohen Wert der Insolvenzmasse zu erreichen. Je höher der Wert der Insolvenzmasse ist, umso höher fällt die auf der Basis dieses Berechnungswerts nach § 2 InsVV zu ermittelnde Vergütung aus.
Rz. 3
Mit diesem Kapitel soll ein erster Überblick über das weite Gebiet des Vergütungsrechts geschaffen werden. Dabei wird – ausgehend vom Nachlassinsolvenzverfahren – nur die Vergütung des Insolvenzverwalters betrachtet. Mangels einer Wohlverhaltensperiode scheidet eine Betrachtung der Vergütung des Treuhänders aus. Auch eine Eigenverwaltung mit Sachwalter ist in der Nachlassinsolvenz praktisch nicht denkbar. Möglich – aber in der Praxis nicht vorkommend – bleibt die Bildung eines Gläubigerausschusses. Dessen Vergütung soll daher zumindest in Ansätzen ebenfalls dargelegt werden.
Rz. 4
Die Verwaltervergütung ist hinsichtlich der Regelvergütung indirekt erfolgsbezogen (Erfolg = Höhe der realisierten Masse, siehe Rdn 2). Ansonsten ist sie als reine Tätigkeitsgebühr ausgestaltet. Dies bedeutet, dass nur der Aufwand honoriert wird, nicht der Erfolg an sich. Dies kann auch zu unbefriedigenden Ergebnissen führen. Die Insolvenzverwaltervergütung ist als reine Tätigkeitsvergütung ausgestaltet, so dass der Einwand mangelhafter oder erfolgloser Leistung etwa – von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen abgesehen – die Höhe der Vergütung grundsätzlich nicht zu beeinflussen vermag. Dies bedeutet auch, dass der "schlechtleistende" Verwalter grundsätzlich einen Vergütungsanspruch durchsetzen kann. Entsprechendes hat erst recht dann zu gelten, wenn konkrete Fehler bei der Verwaltertätigkeit nicht festgestellt sind, sondern es lediglich um die mangelhafte fachliche und persönliche Eignung des Verwalters zur Ausübung des Amtes geht. Deshalb hat ein Verwalter, der gemäß § 59 Abs. 1 InsO vom Insolvenzgericht aus wichtigem Grund entlassen worden ist, grundsätzlich einen Anspruch auf Festsetzung der Vergütung für seine bisherige Tätigkeit.
Rz. 5
Auch eine die persönliche Haftung nach §§ 60, 61 InsO begründende Pflichtverletzung des Insolvenzverwalters bietet nach überwiegender Rechtsansicht (im Grundsatz) keinen Anlass, eine geringere Vergütung festzusetzen. Nur im Ausnahmefall sieht sowohl die Literatur als auch die Rechtsprechung die Möglichkeit vor, dem Verwalter die Vergütung abzuerkennen. Zum Teil wird dies aus § 242 BGB (Treu und Glauben) abgeleitet bzw. subsumiert. Daraus folgt, dass eine im Grundsatz bestehende Vergütung wegen einer besonders schwerwiegenden Pflichtverletzung verwirkt sein kann. Die Pflichtverletzung muss dabei so schwer sein, dass der bisher erarbeitete Vergütungsanspruch im Nachhinein als wertlos oder erheblich entwertet betrachtet werden muss (z.B. bei strafbarem Verhalten). Etwaige bereits erhaltene Vorschüsse sind dann zurückzuzahlen. Die Entnahme des Vorschusses ist nur eine Abschlagszahlung. Der Rückzahlung steht auch nicht entgegen, dass der Verwalter die Beträge, die im Rahmen eines Vorschusses gewährt wurden, später nicht im Rahmen einer eintretenden Masseunzulänglichkeit zurückzuzahlen hat.