Dr. iur. Wolfram Viefhues
I. Scheidungsantrag
Rz. 1
Nach Eingang des Verfahrenskostenvorschusses oder nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe wird i.d.R. mit der sog. scheidungseinleitenden Verfügung zunächst dem Antragsgegner Gelegenheit gegeben, zu dem Scheidungsantrag Stellung zu nehmen. Daneben werden zahlreiche Hinweise erteilt, insbesondere zum Umfang des Anwaltszwangs. Zudem werden vom Gericht Auflagen zum Versorgungausgleich gemacht und dazu die Ehezeit festgesetzt (dazu Rdn 27).
Rz. 2
Haben die Eheleute minderjährige Kinder, ergeht der Hinweis, dass nach § 17 Abs. 3 SGB VIII das zuständige Jugendamt von der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens unterrichtet wird.
II. Scheidungstermin mit Anhörung der Eheleute
Rz. 3
Die Anhörung der Ehegatten ist gem. § 128 Abs. 1 Satz 1 FamFG zwingend erforderlich. Es bedarf jedoch nicht zwingend einer erneuten Anhörung der Ehegatten, wenn ein Ehegatte von seiner zuvor erklärten Zustimmung zur Scheidung abrückt.
Rz. 4
Der Scheidungstermin beginnt mit dem sog. Versöhnungsversuch, bei dem die Eheleute gefragt werden, ob sie geschieden werden möchten oder sich vorstellen können, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufzunehmen und die Ehe fortzusetzen. Bestätigen die Eheleute ihren Wunsch, geschieden zu werden, wird das Scheitern des Versöhnungsversuchs in das Protokoll aufgenommen.
Rz. 5
Die Beteiligten werden weiter danach gefragt, seit wann sie getrennt leben. Bei Zweifeln sind die Umstände der Trennung genauer zu hinterfragen.
Rz. 6
Haben die Eheleute gemeinsame minderjährige Kinder erstreckt sich die Anhörung auch auf die Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangs des nicht betreuenden Elternteils.
Die wesentlichen Ergebnisse der Anhörung werden in das Sitzungsprotokoll aufgenommen. Die Anhörung muss aber nicht wie eine Zeugenvernehmung förmlich protokolliert werden.
Rz. 7
Praxistipp:
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Im Termin muss zumindest ein Ehegatte durch seinen Verfahrensbevollmächtigten den Scheidungsantrag stellen. |
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Der andere Ehepartner stellt – im Regelfall der einvernehmlichen Scheidung – ebenfalls Scheidungsantrag oder erklärt, dass er der Scheidung zustimmt. |
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Für die Zustimmungserklärung besteht kein Anwaltszwang. |
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Es genügt also, wenn im Scheidungstermin ein Ehegatte anwaltlich vertreten ist. |
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Auch für die Zustimmung zur Rücknahme des Scheidungsantrages besteht kein Anwaltszwang (§ 114 Abs. 4 Nr. 3 FamFG). Diese Erklärungen können nach der Regelung in § 134 Abs. 1 FamFG sowohl zur Niederschrift der Geschäftsstelle, als auch in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts erklärt werden. |
III. Ruhen des Verfahrens
Rz. 8
Kommt es zu Verzögerungen im Verfahrensablauf, kann das Ruhen des Verfahrens angeordnet werden. Die Anordnung des Ruhens des Verfahrens gem. § 251 ZPO wird nicht eingeschränkt durch die Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens nach § 136 FamFG, die nur zeitlich beschränkt greifen kann.
IV. Versöhnung der Eheleute
Rz. 9
Versöhnen sich die Eheleute endgültig und neben Ihre Lebensgemeinschaft wieder auf, so beendet dies die Trennungszeit. Damit entfallen die rechtlichen Voraussetzungen für die Scheidung; der Scheidungsantrag ist zurückzunehmen.
Besteht Streit über eine erfolgreiche Versöhnung, liegt die Beweislast für die erfolgreiche Versöhnung bei dem Ehegatten, der nicht geschieden werden will.
Allerdings zieht die endgültige Versöhnung der Eheleute – also die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft – weitere rechtliche Konsequenzen nach sich.
1. Unterhaltsrechtliche Konsequenzen
Rz. 10
Bei erfolgreicher Versöhnung erlischt der Trennungsunterhaltsanspruch.
Praxistipp:
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Ein gerichtlicher Titel über Ehegattenunterhalt erlischt im Fall der Versöhnung. Der Titel lebt auch durch eine erneute Trennung nicht wieder auf. |
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Unsicher ist, wie lange die Eheleute zusammenleben müssen, um von einer Versöhnung mit diesen Folgen auszugehen. Als Maßstab kann § 1567 Abs. 2 BGB herangezogen werden. |
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Bei einer Unterhaltsvereinbarung ist durch Auslegung zu klären, ob die damals getroffene Regelung über den Trennungsunterhalt noch bei einer erneuten Trennung weiter gilt. |
Rz. 11
Die während der Trennung erfolgte Regelung des Kindesunterhalts und damit insb. ein während der Trennung entstandener Unterhaltstitel fällt für die Zukunft nicht weg, sondern wirkt fort, wenn sich die Eltern nach Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft wieder getrennt haben. Allerdings besteht kein Unterhaltsanspruch während der Zeiten, in denen Unterhalt in Natur geleistet wird, weil die unterhaltspflichtigen Kindeseltern mit dem Kind in einem Haushalt zusammengelebt haben. Für diesen Zeitraum erlischt sogar ein titulierter Unterhaltsanspruch.