Rz. 54

Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs kraft Gesetzes ist möglich

bei kurzer Ehezeit (§ 3 Abs. 3 VersAusglG),
im Bagatellfall (§ 18 VersAusglG) und
wegen Unbilligkeit (§ 27 VersAusglG).
 

Rz. 55

Die materiellrechtlichen Voraussetzungen für diesen Ausschluss des Versorgungsausgleichs kraft Gesetzes werden behandelt im Teil Zustellung Scheidungsbeschluss, siehe § 14 Rdn 50.

 

Rz. 56

Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann auch durch – formbedürftige (§ 7 VersAusglG) – Vereinbarung der Ehegatten (Ehevertrag, Scheidungsfolgenregelung) erfolgen. Inhaltlich ist das Familiengericht – sofern die Anforderungen der §§ 7, 8 VersAusglG erfüllt sind – an die Vereinbarung der Eheleute gebunden. (§ 6 Abs. 2 VersAusglG).

 

Rz. 57

 

Praxistipp:

Die Beratungspflichten des Anwalts erstrecken sich auch auf die Möglichkeiten eines Ausschlusses des Versorgungsausgleichs.[25]

In der Praxis ist zu beobachten, dass scheidungswillige Eheleute von der vereinfachten Möglichkeit, den Versorgungsausgleich auszuschließen, rege Gebrauch machen. Dabei nehmen sie mitunter auch unangemessene, einseitig belastende Vereinbarungen in Kauf, um möglichst schnell geschieden zu werden.

Während familiengerichtliche Genehmigungen nach § 1587o BGB a.F. im Regelfall nicht ohne vorherige Einholung der Auskünfte der Versorgungsträger erteilt worden sind, neigen die Familiengerichte jetzt dazu, die Wirksamkeit einer Vereinbarung auch ohne nähere Prüfung der Versorgungsbilanz der Eheleute anzunehmen, wenn keine greifbaren Anhaltspunkte für Unwirksamkeitsgründe ersichtlich sind und die Eheleute die Vereinbarung nicht beanstanden.

Umso mehr sind die am Verfahren beteiligten Rechtsanwälte gehalten, darauf zu achten, dass die Eheleute ausgewogene Vereinbarungen treffen, oder – im Fall einer unangemessenen Vereinbarung – die Gründe für die Unwirksamkeit oder Anpassungsbedürftigkeit der Vereinbarung darzulegen.[26]

Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich müssen jedoch einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten (§ 8 Abs. 1 VersAusglG). Zwar muss diese Prüfung gem. § 26 FamFG von Amts wegen erfolgen. Das Gericht wird aber nur bei entsprechenden Anhaltspunkten anhand der §§ 138, 242 BGB prüfen, ob die Vereinbarung unwirksam oder anpassungsbedürftig ist; es findet lediglich eine Anlasskontrolle statt.[27]

 

Rz. 58

Sowohl bei einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs kraft Gesetzes als auch bei einer entsprechenden Vereinbarung der Eheleute – die dem Gericht mitgeteilt werden muss – hat das Gericht gem. § 224 Abs. 3 FamFG in der Entscheidung festzustellen, dass der Versorgungsausgleich nicht oder nur in der modifizierten Form stattfindet.[28]

 

Rz. 59

 

Praxistipp:

Die gerichtliche Entscheidung ergeht durch einen Feststellungsbeschluss im Verbund, im Falle eines abgetrennten Verfahrens durch isolierten Beschluss.[29]

Bei Ausschluss einer Anwartschaft aus dem Versorgungsausgleich wird erst hierdurch eine rechtsverbindliche Feststellung der Nichtdurchführbarkeit des Versorgungsausgleichs (bzgl. des ausgeschlossenen Anrechts) geschaffen. Eine spätere neue Inhaltskontrolle ist nicht mehr möglich.[30]
Eine Vereinbarung allein hat keine verfahrensbeendigende Wirkung, sondern erst die (konstitutive) gerichtliche Entscheidung – mit deren Rechtskraft.[31]
Bei einer Modifizierung des Versorgungsausgleichs (Ausschluss nur einzelner Anrechte; Änderung der Ausgleichsquote) bedarf es zudem einer rechtsgestaltenden Entscheidung des Gerichts für den Restausgleich.[32]
Bei einer Modifizierung des Ausgleichs muss zudem immer geprüft werden, ob nicht die Zustimmung des Versorgungsträgers erforderlich ist. In Zweifelsfällen sollte vorher angefragt werden.

Bei einem vollständigen Ausschluss des Versorgungsausgleichs sollte dem Gericht immer im Hinblick auf die Festsetzung des Verfahrenswertes die Anzahl der davon betroffenen Anrechte mitgeteilt werden.

[25] BGH FamRZ 2010, 2067.
[26] Breuers in JurisPK-BGB, § 8 VersAusglG Rn 7.
[27] BGH, Beschl. v. 29.1.2014 – XII ZB 303/13, FamRZ 2014, 629, OLG Brandenburg FamRZ 2012, 1729–1731; Münch, FPR 2011, 504, 506 m.w.N.
[28] Zum Inhalt der gerichtlichen Entscheidung siehe Hahne, FamRZ 2009, 2041, 20247.
[29] Hahne, FamRZ 2009, 2041, 2047.
[30] Kemper in Horndasch/Viefhues, FamFG, § 224 Rn 11, 17; Hahne, FamRZ 2009, 2041, 2047.
[31] Hahne, FamRZ 2009, 2041, 20247.
[32] Hahne, FamRZ 2009, 2041, 20247.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?