Rz. 56
Der Zwangsverwalter wird als Partei kraft Amtes tätig und hat selbstständig, aber für Rechnung des Vollstreckungsschuldners dessen Vermögen zum Zwecke der Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers als Dritten zu verwalten. Das Handeln des Zwangsverwalters ist materiell-rechtlich dem Vollstreckungsschuldner zuzuordnen. Dieser bleibt Eigentümer des in Beschlag genommenen Grundstücks.
Rz. 57
Mit Anordnung der Zwangsverwaltung wird dem Vollstreckungsschuldner die Verwaltung und Benutzung des ihm gehörenden Grundstücks entzogen (§ 148 Abs. 2 ZVG). Diese Befugnis geht auf den bestellten Zwangsverwalter über (§ 152 Abs. 1 ZVG), der ein besonderes Rechtspflegeorgan ist und seine Tätigkeit aufgrund eigenen Rechts ausübt, das ihm mit der Ernennung durch das Vollstreckungsgericht übertragen wird. Er ist von Weisungen des Vollstreckungsschuldners und des Vollstreckungsgläubigers unabhängig und unterliegt gemäß § 153 ZVG (vgl. auch § 1 Abs. 2 ZwVwV) bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben nur den Vorgaben des Vollstreckungsgerichts. Er hat sowohl die berechtigten Interessen des Vollstreckungsgläubigers als auch die des Vollstreckungsschuldners zu beachten.
Der Zwangsverwalter führt die Verwaltung selbstständig und wirtschaftlich nach pflichtgemäßem Ermessen aus. Hinsichtlich bestimmter Maßnahmen hat er die vorherige Zustimmung des Gerichts einzuholen (vgl. § 10 ZwVwV).
Rz. 58
Rechtlich tritt der Zwangsverwalter in die Stellung des Eigentümers ein. Er hat gemäß § 152 Abs. 1 ZVG das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu benutzen. Er muss alle beschlagnahmten Ansprüche geltend machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen und Zubehörstücke in Geld umsetzen.
Die nach § 152 Abs. 1 ZVG bestehende Aufgabe des Zwangsverwalters, für eine ordnungsgemäße Nutzung und Verwaltung des Grundstücks zu sorgen, schließt auch die Befugnis ein, über die zur Verwaltungsmasse gehörenden Rechtsansprüche zu verfügen, insbesondere auch sie abzutreten. Denn das Verwaltungsrecht des Zwangsverwalters reicht weiter als etwa nur die Überweisung einer Forderung zur Einziehung im Rahmen einer Einzelzwangsvollstreckung. Der Verwalter tritt in die Abwicklung der gesamten grundstücksbezogenen Rechtsbeziehungen einschließlich der Befugnis zur Ausübung bestehender Gestaltungsrechte und der Begründung neuer Rechtsverhältnisse ein. Das umfasst auch die Befugnis zur Verfügung über bestehende Pacht- und Mietforderungen. Ob die Verfügung pflichtgemäß erfolgt, ist keine Frage ihrer Wirksamkeit, sondern einer eventuellen Haftung des Verwalters.
Rz. 59
Zu den Aufgaben des Verwalters können gehören:
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Zahlung der laufenden öffentlichen Lasten und Gebäudeversicherungsprämien, |
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Einziehung einer Versicherungssumme, die zur Auszahlung kommt, |
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notwendige Reparaturmaßnahmen am Gebäude, |
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Fortführung eines auf dem Grundstück befindlichen Gewerbebetriebs des Schuldners (z.B. Parkhaus, Gaststätte) durch entsprechende Verpachtung; entscheidend soll sein, wie eng die gewerbliche Tätigkeit des Schuldners mit dem beschlagnahmten Grundstück verknüpft ist, |
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Übernahme bestehender Miet- und Pachtverträge (§ 152 Abs. 2 ZVG), |
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Abrechnung der Betriebskosten bei Mietobjekt auch für solche Abrechnungszeiträume, die vor der Bestellung des Verwalters liegen, sofern eine etwaige Nachforderung von dieser Beschlagnahme erfasst wird, |
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Anlage einer vom Mieter als Sicherheit geleisteten Geldsumme bei einem Kreditinstitut; dies gilt auch dann, wenn der Vermieter die Kaution nicht an den Zwangsverwalter ausgefolgt hat, |
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Herausgabe der vom Mieter geleisteten Mietkaution, auch wenn diese dem Verwalter nicht von dem Vermieter ausgehändigt worden ist, |
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rechtzeitige Kündigung gegenüber Mieter, der sich in Zahlungsverzug befindet, |
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Entrichtung der Einkommensteuer des Vollstreckungsschuldners, soweit sie aus der Vermietung der im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstücke herrührt, |
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gegen Besitzstörungen und Eingriffe Dritter in den verwalteten Grundbesitz – ggf. gerichtlich – aus eigenem Recht vorzugehen; für die Kosten eines hierauf gerichteten Verfahrens haftet dann die Zwangsverwaltungsmasse. |
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Abschluss neuer Miet- und Pachtverträge bei leerstehenden Gebäuden (§ 6 ZwVwV; die frühere grundsätzliche Beschränkung der Laufzeit neuer Mietverträge auf ein Jahr ist entfallen). |
Der Verwalter ist unter anderem nicht befugt,
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Versicherungsverträge zu kündigen, |
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der Beschlagnahme unterliegende Forderungen "freizugeben" und den Schuldner im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft zu ermächtigen, diese geltend zu machen, |
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das Objekt wesentlich zu verändern; § 5 Abs. 3 ZwVwV gestattet lediglich die Fertigstellung begonnener Bauvorhaben. |
Rz. 60
Hinweis
Insofern besteht seitens des Verwalters keine Pflicht zur Fertigstellung. Dies insbesondere deshalb, weil letztlich der Gläubiger die Fertigstellung über einen evt...