Rz. 26
Die erste hier behandelte Konstellation betrifft den Fall, dass ein Bauunternehmer gegen den Auftraggeber einen Titel (Urteil, Vergleich etc.) erlangt hat, der auf Zahlung einer bestimmten Werklohnsumme lautet. Der Bauunternehmer will dann – da der Auftraggeber trotz des Titels nicht zahlt – die Zwangsvollstreckung wegen dieser Forderung gegen den Auftraggeber betreiben. Dabei bieten sich ihm grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Vollstreckung einer titulierten Geldforderung:
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die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen ("Mobiliarvollstreckung", §§ 803 ff. ZPO) sowie |
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die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen ("Immobiliarvollstreckung", §§ 864 ff. ZPO). |
Rz. 27
An dieser Stelle soll nur die Zwangsvollstreckung einer Geldforderung in das bewegliche Vermögen des Schuldners näher behandelt werden. Diese erfolgt grundsätzlich durch Pfändung, § 803 Abs. 1 S. 1 ZPO. Daran schließt sich die Verwertung des gepfändeten Objektes an.
Rz. 28
Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen lässt sich wiederum unterteilen in:
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die Vollstreckung in körperliche Sachen (§§ 808 ff. ZPO) sowie |
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die Vollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte (§§ 828 ff. ZPO). |
a) Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen
Rz. 29
Funktionell zuständig für die Vollstreckung in körperliche Sachen ist nach § 808 Abs. 1 ZPO (§ 753 Abs. 1 ZPO) der Gerichtsvollzieher.
Örtlich zuständig ist der Gerichtsvollzieher, dem der Bezirk, in dem die Pfändung erfolgen soll, vom dienstaufsichtsführenden Richter des Amtsgerichts zugewiesen worden ist (§ 154 GVG, §§ 10, 14 ff. GVO).
Rz. 30
Der Gerichtsvollzieher wird erst dann tätig, wenn ihm gegenüber ein Vollstreckungsauftrag erteilt worden ist (vgl. § 753 Abs. 1, 2 ZPO). Nach § 753 Abs. 3 ZPO ist die Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung (ZVFV vom 16.12.2022, BGBl I, 2368) eingeführt worden; mit Wirkung vom 22.12.2022 ist dadurch die bisherige Gerichtsvollzieherformular-Verordnung (GVFV) aufgehoben worden und sämtliche Formulare sind nunmehr einheitlich in der ZVFV enthalten. Für Vollstreckungsaufträge an den Gerichtsvollzieher ist seit dem 1.12.2023 (Übergangsregelung: § 6 ZVFV) nach § 1 Abs. 1 ZVFV das Formular der Anlage 1 eingeführt (dazu unten: Rdn 137; abrufbar unter: www.bmj.de/Zwangsvollstreckungsformulare). Formularzwang: Dieses Formular ist für Aufträge an den Gerichtsvollzieher zur Vollstreckung von Geldforderungen verbindlich zu nutzen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ZVFV; Zweck des Formularzwangs: Standardisierung des Vollstreckungsauftrags); nach § 2 Abs. 2 ZVFV ist Aufträgen an den Gerichtsvollzieher zur Vollstreckung von Geldforderungen zwingend auch das nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 ZVFV eingeführte Formular der Anlage 6 (Aufstellung von Forderungen) beizufügen (dazu unten: Rdn 138; abrufbar unter: www.bmj.de/Zwangsvollstreckungsformulare; grds. Einreichungszwang auch für Anlage 6: vgl. BR-Drucks 561/22, 62; zur mehrfachen Nutzung der Anlage 6: vgl. § 2 Abs. 5 ZVFV). Zu zulässigen Abweichungen von den Formularen: vgl. § 3 ZVFV. Ausfüllhinweise zu den Formularen sind abrufbar unter: www.bmj.de/Zwangsvollstreckungsformulare. Gem. § 754 Abs. 1 ZPO setzt der Auftrag außerdem voraus, dass dem Gerichtsvollzieher eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels übergeben wird.
Rz. 31
Zu Beginn der Zwangsvollstreckung fordert der Gerichtsvollzieher den Schuldner zunächst zur (freiwilligen) Leistung auf, § 754 ZPO i.V.m. § 59 Abs. 2 S. 1 GVGA. Der Gerichtsvollzieher soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein (vgl. §§ 802a, 802b Abs. 1 ZPO).
Rz. 32
Kommt der Schuldner dem nicht nach, erfolgt die Pfändung der im Gewahrsam des Schuldners (§ 808 ZPO) befindlichen beweglichen Sachen. Dieser unterliegen grundsätzlich alle beweglichen Sachen i.S.d. § 90 BGB. Wegen der Ausnahmen und Pfändungsverbote wird insbesondere auf § 865 Abs. 2 ZPO, §§ 1120 ff. BGB und §§ 811 ff. ZPO verwiesen.
Rz. 33
Die Rechtsfolgen der wirksamen Pfändung nach § 808 Abs. 1–3 ZPO sind die Verstrickung der Sache sowie das Entstehen eines Pfändungspfandrechts. Die Verstrickung lässt ein öffentlich-rechtliches Gewahrsamsverhältnis an der gepfändeten Sache entstehen. Durch das Pfändungspfandrecht (§ 804 Abs. 1 ZPO) werden dem Gläubiger nach § 804 Abs. 2 ZPO dieselben Rechte wie bei einem durch Vertrag erworbenen Faustpfandrecht (§§ 1204 ff. BGB) eingeräumt. Er erhält dabei insbesondere das Recht, durch Verwertung der gepfändeten Sache Befriedigung in...