Rz. 61
Funktionell zuständig für die Anträge nach § 887 ZPO ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges (§§ 887 Abs. 1; 802 ZPO). § 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG ist dabei zu entnehmen (argumentum e contrario), dass dort nicht der Rechtspfleger, sondern der Richter tätig wird.
Rz. 62
Der Antrag des Bauherrn an das Prozessgericht (beim Landgericht besteht nach § 78 ZPO Anwaltszwang) muss hinreichend bestimmt sein. D.h. der Bauherr hat die vorzunehmende Handlung so genau wie möglich zu bezeichnen. Dabei ist umstritten, ob der Gläubiger auch die genaue Art und Weise der Mängelbeseitigung angeben muss. Nach hier vertretener Ansicht ist dies nicht notwendig, weil einerseits auch im Vollstreckungsverfahren nach § 887 Abs. 1 ZPO ein Wahlrecht hinsichtlich der Mängelbeseitigungsmaßnahmen bestehen sollte. Andererseits bekommt der Gläubiger ohnehin nur die notwendigen Kosten erstattet.
Vertiefung: Nach der Rechtsprechung des BGH hindert ein Beschluss gem. § 887 Abs. 1 ZPO den Schuldner grundsätzlich nicht daran, die Erfüllungshandlung noch selbst vorzunehmen. Der Schuldner kann die Erfüllung dabei auch auf andere (taugliche) Art und Weise vornehmen, als es der Gläubiger mit der Zwangsvollstreckung erreichen will.
Der Antrag muss auf den zugrunde liegenden Titel und die dort enthaltene Verpflichtung des Bauunternehmers Bezug nehmen. Da es sich hier um das Prozessgericht des ersten Rechtszuges handelt, dürfte eine Kopie des Urteils/Vergleichs mit einem Hinweis auf das gerichtliche Aktenzeichen, verbunden mit dem Antrag, die Akten beizuziehen, in aller Regel ausreichen.
Rz. 63
Bevor das Prozessgericht des ersten Rechtszuges eine Entscheidung fällt, hat es den Schuldner (Bauunternehmer) zwingend nach § 891 S. 2 ZPO anzuhören und ihm insofern rechtliches Gehör zu gewähren.
Rz. 64
Lange Zeit war umstritten, wie der Einwand des Schuldners (Bauunternehmers), er habe die streitgegenständliche Handlung bereits vorgenommen (Erfüllungseinwand), zu berücksichtigen ist. Einerseits wurde die Ansicht vertreten, dieser Einwand sei im Rahmen des Verfahrens nach § 887 ZPO zu beachten. Andererseits wurde vertreten, dieser Einwand könne ausschließlich mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO (materiell-rechtliche Einwendung gegen den titulierten Anspruch) geltend gemacht werden. Der BGH hat dazu entschieden, dass der Erfüllungseinwand (auch) im Verfahren nach § 887 Abs. 1 ZPO zu beachten ist. In der Praxis wird man deswegen davon ausgehen können, dass der Schuldner den Erfüllungseinwand entweder mit der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) oder aber wahlweise unmittelbar im Verfahren nach § 887 Abs. 1 ZPO geltend machen kann.
Rz. 65
Das Prozessgericht des ersten Rechtszuges entscheidet über den Antrag nach § 887 ZPO durch Beschluss (§ 891 S. 1 ZPO). Im Falle der Stattgabe enthält der Beschluss die Ermächtigung des Bauherrn, die Handlung auf Kosten des Bauunternehmers vornehmen zu lassen. Dabei muss die vorzunehmende Handlung möglichst genau bezeichnet werden. Im Falle des § 887 Abs. 2 ZPO setzt das Prozessgericht auch die Höhe des durch den Bauunternehmer zu leistenden Vorschusses fest.
Rz. 66
Tenorierungsbeispiel für § 887 Abs. 1 ZPO
"Der Bauherr (…) wird ermächtigt, die Nachbesserung der im Urteil des (…) vom (…) bezeichneten Mängel: a) (…) b) (…) c) (…) (genaue Mängelbezeichnung) auf Kosten des Bauunternehmers (…) vornehmen zu lassen."
Tenorierungsbeispiel für § 887 Abs. 2 ZPO
"Gleichzeitig wird der Bauunternehmer (…) verurteilt, an den Bauherrn (…) zur Beseitigung der im Urteil des (…) vom (…) bezeichneten Mängel: a) (…) b) (…) c) (…) (genaue Mängelbezeichnung) eine Vorauszahlung i.H.v. (…) EUR zu leisten. Das Recht des Bauherrn (…) zur Nachforderung eines weiteren Vorschusses für den Fall des Entstehens höherer Kosten bleibt hiervon unberührt."