I. Einleitung
Rz. 27
Nachdem zuvor unter Rdn 17–25 die am Gericht tätigen Personen erläutert wurden, soll nun beleuchtet werden, wer wie als Partei am Gerichtsverfahren teilnehmen kann. Parteien nennt man diejenigen Personen, von denen und gegen die Rechtsschutz im eigenen Namen verlangt wird. Jeder Zivilprozess erfordert damit mindestens zwei Parteien, da niemand gegen sich selbst klagen kann. Die Parteien heißen im normalen Erkenntnisverfahren, d.h. im einfachen Zivilprozess, Kläger und Beklagter. Im Verfahren der Zwangsvollstreckung spricht man dagegen vom Gläubiger und vom Schuldner. Im Mahn- und familiengerichtlichen Verfahren heißen die Parteien Antragsteller und Antragsgegner.
II. Prozessstandschaft
Rz. 28
Die Parteien sind in der Regel selbst Inhaber des Rechts, das sie einklagen. Dies ist jedoch keine unbedingte Notwendigkeit, da es – unter engen Voraussetzungen – auch zulässig ist, fremde Rechte im eigenen Namen geltend zu machen.
Man spricht in diesem Fall von Prozessstandschaft. Die Zulässigkeit der Prozessstandschaft beruht dabei in der Regel auf dem Gesetz, in einigen seltenen Ausnahmen auf rechtsgeschäftlicher Vereinbarung, die jedoch nach der Rechtsprechung des BGH ein besonderes rechtliches Interesse an der Prozessstandschaft voraussetzt. Prozessstandschaft kraft Gesetzes haben die Rechtsvorgänger bei Abtretung des Klageanspruches während des Prozesses gem. § 265 ZPO. Wird also eine bereits rechtshängige Forderung vom Kläger während des laufenden Verfahrens abgetreten, verliert der Kläger nicht das Recht, den Prozess im eigenen Namen fortzuführen. Er ist dann vielmehr in Prozessstandschaft für den neuen Forderungsinhaber tätig, muss allerdings bei Leistungsklagen regelmäßig den Antrag auf Leistung an den Dritten umstellen.
III. Parteien kraft Amtes
Rz. 29
Neben Parteien, die ein eigenes Recht geltend machen und neben solchen, die ein fremdes Recht in eigenem Namen durch ein Zivilverfahren durchzusetzen versuchen, gibt es sog. Parteien kraft Amtes. Hierbei handelt es sich namentlich um Personen, denen durch Gesetz oder Willenserklärung eine besondere Aufgabe hinsichtlich der Betreuung eines Vermögens obliegt. Zu nennen sind hier der Insolvenzverwalter, der vom Insolvenzgericht ernannt wird und das Vermögen des insolventen Gemeinschuldners dazu verwalten und verwenden soll, bestehende Verbindlichkeiten soweit wie aus der Masse möglich gleichmäßig zu befriedigen. Bei Anordnung der Testamentsvollstreckung in einem Testament der Testamentsvollstrecker, dessen Aufgabe es ist, den letzten Willen des Erblassers durchzusetzen. Parteien kraft Amtes sind nur solche, denen dieser Status durch gesetzliche Vorschriften zuerkannt wird.
IV. Parteifähigkeit
Rz. 30
Unter Parteifähigkeit versteht man die rechtliche Möglichkeit, einen Rechtsstreit als Kläger oder Beklagter zu führen. Nur wer parteifähig ist, kann also selbst klagen oder verklagt werden. Fehlt es an der Parteifähigkeit entweder des Klägers oder des Beklagten, ist die Klage unzulässig. Parteifähig ist jeder, der rechtsfähig ist. Da gem. § 1 BGB die Rechtsfähigkeit jedes Menschen mit der Vollendung seiner Geburt beginnt, sind alle natürlichen Personen unabhängig von ihrem Alter oder ihrem Geisteszustand parteifähig.
Rz. 31
Schwieriger ist die Situation bei juristischen Personen und Vereinigungen. Auch für diese gilt, dass sie nur dann parteifähig sind, wenn sie auch rechtsfähig sind. Ob eine juristische Person rechtsfähig ist, richtet sich nach den für sie geltenden gesetzlichen Bestimmungen. So ist nach den Vorschriften des BGB der eingetragene Verein rechtsfähig. Für die BGB-Außengesellschaft gilt seit einem Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 2001, dass sie rechts- und daher auch prozess- und parteifähig ist, wenn durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet sind. Rechtsfähig ist weiterhin die GmbH, die OHG, die KG und die AG und nach jüngster Rechtsprechung des BGH auch teilweise die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Rz. 32
Die Parteifähigkeit erlischt mit dem Verlust der Rechtsfähigkeit, d.h.
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bei natürlichen Personen mit deren Tod, |
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bei juristischen Personen mit Beendigung eines Liquidations- oder Insolvenzverfahrens. |
Fehlt einer der am Prozess beteiligten Personen die Parteifähigkeit, ist bzw. wird die Klage unzulässig. Das Gericht hat dabei in jeder Phase des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen, ob es an der Prozessvoraussetzung der Parteifähigkeit bei einer der Parteien fehlt, § 56 Abs. 1 ZPO.
V. Prozessfähigkeit/Verfahrensfähigkeit
Rz. 33
Unter Prozessfähigkeit versteht man die Fähigkeit, im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens Prozesshandlungen vornehmen zu können. Ist also die Parteifähigkeit die grundsätzliche Möglichkeit, überhaupt Partei eines Prozesses zu sein, ist prozessfähig nur derjenige, der auch in der Lage ist, sich durch Verträge zu verpflichten, § 52 Abs. 1 ZPO. Die Prozessfähigkeit entspricht daher weitgehend der Geschäftsfähigkeit. Fehlt sie der klagenden Partei, ist die Klage unzulässig, fehlt sie der beklagten Partei, hat das Gericht für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen, falls dies notwendig ist, § 57 ZPO...