Rz. 14

Für die Frage, ob es sich bei der Anordnung um eine Teilungsanordnung oder ein Vorausvermächtnis handelt, stellt die Rechtsprechung seit längerem darauf ab, ob der Erblasser dem Zuwendungsempfänger einen Vermögensvorteil verschaffen wollte – also, ob er ihn gegenüber den anderen Miterben begünstigen wollte (Begünstigungswille).[19]

Will der Erblasser einem Miterben einen Vermögensvorteil zukommen lassen, dann liegt ein Vorausvermächtnis vor, wobei der Vermögensvorteil nicht notwendig in einer finanziellen Besserstellung liegen muss.[20] Vielmehr genügt als Vermögensvorteil auch die Einräumung der Rechtsposition, einen Gegenstand zu einem entsprechenden Übernahmepreis zu erwerben.[21] Ist ein solcher Begünstigungswille nicht zu ermitteln, dann ist grundsätzlich von einer Teilungsanordnung auszugehen.

 

Rz. 15

Diese grundlegende Unterscheidung zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis anhand eines Vermögensvorteils und eines Begünstigungswillens ist jedoch nicht nur das einzige und alleinige Abgrenzungskriterium.[22] So hat der BGH[23] in seinem Urt. v. 7.12.1994 zum wiederholten Mal[24] entschieden, dass der Erblasser grundsätzlich auch einen von der Erbeinsetzung unabhängigen Grund haben kann, einem Miterben einen bestimmten Gegenstand zuzuwenden. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn der Erbe den Erbteil ausschlägt, er nach dem Willen des Erblassers den Gegenstand aber dennoch erhalten soll.

Der BGH führt in seiner Entscheidung vom 7.12.1994[25] hierzu aus:

Zitat

"Daran ist richtig, dass die wertmäßige Begünstigung eines Miterben gegenüber den anderen für die Anordnung eines Vermächtnisses spricht. Fehlt es daran, wie hier, muss allein deshalb jedoch noch nicht notwendig eine Teilungsanordnung vorliegen und ein Vermächtnis ausgeschlossen sein. Vielmehr kann die Auslegung des Testaments unter Berücksichtigung des Erblasserwillens ergeben, dass ein bestimmter Gegenstand einem Miterben etwa auch für den (bei Testamentserrichtung hypothetischen) Fall zugewendet werden soll, dass er das Erbe ausschlägt oder aus anderen Gründen nicht Erbe wird."

Die wertmäßige Begünstigung ist demnach, wie Skibbe[26] anmerkt, "nur ein wichtiges Indiz, jedoch keine zwingende Voraussetzung" für die Auslegung einer Zuwendung als Vorausvermächtnis.

[19] BGH NJW-RR 1990, 1220; OLG Koblenz ZErb 2014, 75.
[20] Staudinger/Otte, § 2150 Rn 10.
[21] MüKo/Rudy, § 2150 Rn 7.
[22] MüKo/Rudy, § 2150 Rn 7.
[24] BGHZ 36, 115.
[26] Skibbe, ZEV 1995, 145.

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