Ansgar Beckervordersandfort, Dr. Christopher Riedel
I. Beweggründe für lebzeitige Vermögensübertragungen
Rz. 19
Selbstverständlich sind auch die lebzeitigen Übertragungen bestimmter Vermögensgegenstände, insbesondere von unternehmerischen bzw. gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, an Minderjährige nicht ohne Tücken. Der eindeutige Vorteil lebzeitiger Übertragungen liegt aber in der besseren Planbarkeit und der Möglichkeit, im Falle unerwünschter Entwicklungen, beispielsweise der Verweigerung einer familiengerichtlichen Genehmigung, noch korrigierend eingreifen zu können.
Rz. 20
Insbesondere steuerliche Motive lassen überdies die frühzeitige Beteiligung der nachfolgenden Generation am Vermögen der Eltern und Großeltern besonders sinnvoll erscheinen. Auch die Absicherung einer langfristigen Familienbindung des Vermögens spielt häufig eine entscheidende Rolle. Hierbei stehen vor allem die sog. Familienpoolgesellschaften (zumeist in Form der GbR oder der KG) oftmals im Mittelpunkt des Interesses. In ertragsteuerlicher Hinsicht lassen sich hier die Einkünfte auf mehrere Personen verteilen, so dass der einkommensteuerliche Grundfreibetrag mehrfach – entsprechend der Anzahl der beteiligten Gesellschafter – in Anspruch genommen werden kann. Zusammen mit den entstehenden Progressionsvorteilen führt dies zu einer oft merklichen Einkommensteuerentlastung der Familie ("Familiensplitting"). Auch im Bereich der Erbschaftsteuer lassen sich durch die mehrmalige Ausnutzung des jeweiligen persönlichen Freibetrages (§ 16 ErbStG) erhebliche Vorteile erzielen, die durch Vorteile bei der Steuersatzprogression ggf. noch verstärkt werden können.
Rz. 21
Voraussetzung für die Erreichung der erstrebten steuerlichen Vorteile ist jedoch stets, dass die beabsichtigte Vermögensbeteiligung des Minderjährigen auch steuerlich anerkannt wird. Hierzu ist es zunächst erforderlich, den Restriktionen für die Anerkennung von Rechtsgeschäften unter nahen Angehörigen (im Allgemeinen) zu erfüllen und außerdem den speziellen zivilrechtlichen Anforderungen an die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften mit Minderjährigen gerecht zu werden.
II. Wer vertritt den Minderjährigen?
1. Eltern als gesetzlicher Vertreter
Rz. 22
Gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB sind gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Kindes grundsätzlich die Eltern, also Vater und Mutter gemeinsam (Gesamtvertretung), soweit nicht einem von ihnen allein die elterliche Sorge übertragen ist (§ 1629 Abs. 1 S. 3 BGB). Nur beim Empfang von Willenserklärungen (§ 1629 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB) oder bei Gefahr im Verzug (§ 1629 Abs. 1 S. 4 BGB) ist die Vertretung des Kindes durch einen Elternteil alleine vorgesehen.
2. Vertretung durch Ergänzungspfleger
a) Bedürfnis für eine Ergänzungspflegschaft
Rz. 23
Gemäß § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB können die Eltern das Kind nicht vertreten, wenn nach § 1795 BGB auch der Vormund von der Vertretung des Minderjährigen ausgeschlossen wäre. Dies soll den Minderjährigen vor den Folgen möglicher Interessensgegensätze zwischen ihm und seinem gesetzlichen Vertreter schützen.
aa) Insichgeschäft § 181 Alt. 1 BGB
Rz. 24
Der gesetzliche Vertreter ist von der Vertretung des Minderjährigen ausgeschlossen, wenn er (oder bei mehreren, insbesondere den Eltern, einer von ihnen) sowohl im eigenen Namen als auch im Namen des Kindes handelt (Insichgeschäft gem. § 181 Alt. 1 BGB). Ein solches Insichgeschäft liegt beispielsweise vor, wenn die Eltern bei der Gründung einer Gesellschaft unter Beteiligung des Minderjährigen zugleich selbst ebenfalls Gesellschafter der Gesellschaft werden sollen.
bb) Mehrfachvertretung § 181 Alt. 2 BGB
Rz. 25
Ein Vertretungsausschluss liegt auch dann vor, wenn der gesetzliche Vertreter im Namen des Minderjährigen und zugleich im Namen eines Dritten Rechtsgeschäfte abschließt (Mehrfachvertretung gem. § 181 Alt. 2 BGB). Eine solche kommt beispielsweise in Betracht, wenn der gesetzliche Vertreter bei der Gesellschaftsgründung mehrere Minderjährige vertreten will, zwischen denen somit Rechtsbeziehungen begründet werden.
Rz. 26
Demzufolge ist bei Maßnahmen im Bereich der sog. vorweggenommenen Erbfolge grundsätzlich gemäß § 1909 BGB die Einschaltung von Ergänzungspflegern denkbar, soweit auch minderjährige Kinder beteiligt sind. Dies gilt selbst dann, wenn von der Großelterngeneration Vermögen auf die Enkelkinder übertragen werden soll.
b) Kein Ergänzungspfleger erforderlich bei lediglich rechtlichem Vorteil
Rz. 27
Die Bestellung eines Ergänzungspflegers ist nicht erforderlich wenn das Rechtsgeschäft dem vertretenen Kind einen lediglich rechtlichen Vorteil verschafft. Ist das Rechtsgeschäft für das Kind somit lediglich rechtlich v...