Ansgar Beckervordersandfort, Dr. Christopher Riedel
Rz. 3
Während die Annahme der Erbschaft (als nicht empfangsbedürftige, einseitige Willenserklärung) von den gesetzlichen Vertretern des Minderjährige, also den Eltern, jederzeit abgegeben werden kann, ohne dass hierfür eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich wäre, bedarf der gesetzliche Vertreter zur Ausschlagung der Erbschaft grundsätzlich der familiengerichtlichen Genehmigung, § 1643 Abs. 2 S. 1 BGB. Für den Beginn der Ausschlagungsfrist kommt es ausschließlich auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters an. Wird das Kind durch beide Elternteile gemeinschaftlich vertreten und erlangen diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten Kenntnis vom Anfall der Erbschaft oder hält sich einer von ihnen im Ausland auf, kommt es nach zutreffender Ansicht auf denjenigen Elternteil an, hinsichtlich dessen Person die längere Frist maßgeblich ist. Grundsätzlich ist nämlich die Kenntnis beider Elternteile erforderlich.
Rz. 4
Die Ausschlagung bedarf grundsätzlich gemäß § 1643 Abs. 2 S. 1 BGB der familiengerichtlichen Genehmigung. Eine Ausnahme vom Erfordernis der familiengerichtlichen Genehmigung gilt dann, wenn das Kind erst aufgrund der Ausschlagung eines gesetzlichen Vertreters seine Erbenstellung erlangt hat. War der ausschlagende Elternteil aber neben dem Kind zum Erben berufen, bleibt es gemäß § 1643 Abs. 2 S. 2 BGB bei der Genehmigungsbedürftigkeit. Auch bei taktischen Ausschlagungen, bei denen die Eltern z.B. nicht für alle Abkömmlinge die Ausschlagung erklären, ist die familiengerichtliche Genehmigung erforderlich.
Rz. 5
Für die Einhaltung der Ausschlagungsfrist ist aber der Zeitpunkt der Abgabe der formgerechten Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht durch den gesetzlichen Vertreter maßgeblich. Wurde die familiengerichtliche Genehmigung innerhalb der Ausschlagungsfrist beantragt, stellt das Fehlen der familiengerichtlichen Genehmigung insoweit einen Fall höherer Gewalt (§ 206 BGB) dar, der das Verstreichen der Frist des § 1944 BGB verhindert. Somit ist es möglich – gerade bei unübersichtlichem Nachlass –, die Ausschlagungsmöglichkeit vorsorglich zu sichern und erst nach Vorliegen der familiengerichtlichen Genehmigung die endgültige Entscheidung über die Ausschlagung zu treffen. Denn es bleibt allein dem gesetzlichen Vertreter überlassen, ob er von der ihm erteilten Genehmigung Gebrauch machen will oder nicht. Er kann nicht dazu gezwungen werden, die ihm erteilte Genehmigung an das Nachlassgericht weiterzuleiten.
Rz. 6
Abgesehen von der Frage der Genehmigungsbedürftigkeit ist aber auch stets zu klären, ob nicht die Eltern als gesetzliche Vertreter von der Vertretung des Minderjährigen ausgeschlossen sind. Insbesondere in Fällen, in denen ein Elternteil neben dem Minderjährigen zum Erben berufen ist und nur für den Minderjährigen die Ausschlagung erfolgen soll, stellt sich die Frage, ob ein Vertretungshindernis nach § 181 BGB vorliegt. Auch wenn die h.M. in dieser Konstellation den Schutz des Minderjährigen durch das Genehmigungserfordernis (§ 1643 Abs. 2 BGB) als hinreichend gesichert ansieht und daher § 181 BGB nicht anwendet, ist diese (praxisfreundliche) Sichtweise dogmatisch wenig überzeugend. Sind mehrere Kinder derselben Eltern am Nachlass beteiligt und soll nur für einzelne von diesen die Ausschlagung erklärt werden, besteht insoweit ebenfalls ein Vertretungshindernis.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, möglichst rechtzeitig im Wege einer Voranfrage mit dem zuständigen Familiengericht zu klären, ob nach dessen Rechtsauffassung die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich ist.