Ansgar Beckervordersandfort, Dr. Christopher Riedel
1. Eltern als gesetzlicher Vertreter
Rz. 22
Gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB sind gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Kindes grundsätzlich die Eltern, also Vater und Mutter gemeinsam (Gesamtvertretung), soweit nicht einem von ihnen allein die elterliche Sorge übertragen ist (§ 1629 Abs. 1 S. 3 BGB). Nur beim Empfang von Willenserklärungen (§ 1629 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB) oder bei Gefahr im Verzug (§ 1629 Abs. 1 S. 4 BGB) ist die Vertretung des Kindes durch einen Elternteil alleine vorgesehen.
2. Vertretung durch Ergänzungspfleger
a) Bedürfnis für eine Ergänzungspflegschaft
Rz. 23
Gemäß § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB können die Eltern das Kind nicht vertreten, wenn nach § 1795 BGB auch der Vormund von der Vertretung des Minderjährigen ausgeschlossen wäre. Dies soll den Minderjährigen vor den Folgen möglicher Interessensgegensätze zwischen ihm und seinem gesetzlichen Vertreter schützen.
aa) Insichgeschäft § 181 Alt. 1 BGB
Rz. 24
Der gesetzliche Vertreter ist von der Vertretung des Minderjährigen ausgeschlossen, wenn er (oder bei mehreren, insbesondere den Eltern, einer von ihnen) sowohl im eigenen Namen als auch im Namen des Kindes handelt (Insichgeschäft gem. § 181 Alt. 1 BGB). Ein solches Insichgeschäft liegt beispielsweise vor, wenn die Eltern bei der Gründung einer Gesellschaft unter Beteiligung des Minderjährigen zugleich selbst ebenfalls Gesellschafter der Gesellschaft werden sollen.
bb) Mehrfachvertretung § 181 Alt. 2 BGB
Rz. 25
Ein Vertretungsausschluss liegt auch dann vor, wenn der gesetzliche Vertreter im Namen des Minderjährigen und zugleich im Namen eines Dritten Rechtsgeschäfte abschließt (Mehrfachvertretung gem. § 181 Alt. 2 BGB). Eine solche kommt beispielsweise in Betracht, wenn der gesetzliche Vertreter bei der Gesellschaftsgründung mehrere Minderjährige vertreten will, zwischen denen somit Rechtsbeziehungen begründet werden.
Rz. 26
Demzufolge ist bei Maßnahmen im Bereich der sog. vorweggenommenen Erbfolge grundsätzlich gemäß § 1909 BGB die Einschaltung von Ergänzungspflegern denkbar, soweit auch minderjährige Kinder beteiligt sind. Dies gilt selbst dann, wenn von der Großelterngeneration Vermögen auf die Enkelkinder übertragen werden soll.
b) Kein Ergänzungspfleger erforderlich bei lediglich rechtlichem Vorteil
Rz. 27
Die Bestellung eines Ergänzungspflegers ist nicht erforderlich wenn das Rechtsgeschäft dem vertretenen Kind einen lediglich rechtlichen Vorteil verschafft. Ist das Rechtsgeschäft für das Kind somit lediglich rechtlich vorteilhaft oder zumindest rechtlich neutral, ist der Schutzzweck der Vertretungsbeschränkungen nicht erforderlich, da es sich um eine reine Begünstigung des Kindes handelt, § 181 BGB wird dann in Anlehnung an § 107 BGB teleologisch reduziert. Der gesetzliche Vertreter ist dann zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt.
Rz. 28
Ein neutrales Rechtsgeschäft liegt vor, wenn dem Minderjährigen durch das Rechtsgeschäft weder ein rechtlicher Vorteil noch rechtliche Nachteile drohen. Dies sind z.B. Rechtsgeschäfte, die der Minderjährige in Vertretung eines anderen vornimmt (§ 165 BGB) oder die Veräußerung einer fremden Sache an einen gutgläubigen Erwerber (§ 923 BGB).
Für die Praxis bedeutsamer ist jedoch die Definition der lediglich rechtlichen Vorteilhaftigkeit. Ein solcher Vorteil liegt immer dann vor, wenn das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen ausschließlich mit Verpflichtungen verbunden ist, für die er nur dinglich mit der erworbenen Sache und nicht persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet. Es ist allein auf die rechtliche Vorteilhaftigkeit abzustellen, die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist unerheblich.
aa) Schenkung von Personengesellschaftsanteilen
Rz. 29
Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils eines unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschafters ist für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da er gem. §§ 128, 130, 161 Abs. 2 HGB sowohl für die Alt- als auch die Neuverbindlichkeiten unbeschränkt persönlich haftet.
Rz. 30
Auch mit dem Erwerb von Kommanditanteilen wird für den Minderjährigen ein "Bündel Rechte und Pflichten" begründet, welche rechtlich nachteilig sein können. Mittlerweile wird der Erwerb eines voll eingezahlten Kommanditanteils jedoch zutreffend überwiegend als lediglich rechtlich vorteilhaft angesehen. Die persönliche Haftung des Minderjährigen und das Verlustrisiko sind durch die zuvor vollständig erbrachte Hafteinlage auf diese beschränkt. Auch die Gefahr der wiederauflebenden Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB stellt keinen rechtl...