A Allgemeines

 

Rz. 1

In der Praxis werden von dem Vollmachtgeber, auch in Ermanglung geeigneter anderweitiger Vertrauenspersonen, zunehmend Rechtsanwälte als Bevollmächtigte gewählt. Diese haben mit der Annahme der Vollmacht unabhängig von deren Inhalt und unabhängig von zusätzlich geschlossenen Vollmachtvereinbarung Pflichten, die denen eines rechtlichen Betreuers zumindest angeglichen sind.[1] Auch für die Rechtsanwälte als Bevollmächtigte gilt, dass sie den Anforderungen der Eignung gerecht werden, weil an ihrer Stelle andernfalls eine Betreuung eingerichtet werden kann.[2] Das Vorsorgeverhältnis selbst ist bis zu seiner konkreten Umsetzung ein Eventual- und danach ein echtes Dauerschuldverhältnis.[3]

 

Rz. 2

Bei den Vollmachten und deren Handhabung muss zum Inhalt auch zwischen der sog. üblichen Vorsorgevollmacht und einer etwaig zusätzlichen und separaten Bankvollmacht unterschieden werden.

Die Vorsorgevollmachten finden in § 1820 Abs. 1 (§ 1901c S. 2 u. 3 BGB a.F.) und Abs. 2 BGB (§ 1906 Abs. 5 S. 2 BGB a.F. zu Abs. 2 Nr. 2; § 1906a Abs. 5 S. 2 BGB a.F zu Abs. 2 Nr. 3) partielle Regelungen

mit der Bekanntgabe der Vollmacht als Dokument gegenüber dem Betreuungsgericht vor Einleitung eines Betreuungsverfahrens (§ 1820 Abs. 1 BGB; § 1901c S. 2 u. 3 BGB a.F.),
mit der Aufnahme des § 1829 BGB (§ 1904 BGB a.F.) (= Genehmigung des Betreuungsgericht bei ärztlichen Maßnahmen), des § 1831 BGB (§ 1906 Abs. 1 bis 4, 5 S. 1 BGB a.F.) (= freiheitsentziehende Unterbringung und Maßnahmen) und des § 1832 BGB (§ 1906a Abs. 1 bis 4, 5 S. 1 BGB a.F.) (= Zwangsmaßnahmen) jeweils in schriftlicher Form (§ 1820 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BGB; § 1904 Abs. 5 S. 2 BGB a.F. zu Abs. 2 Nr. 1; § 1906 Abs. 5 S. 2 BGB a.F zu Abs. 2 Nr. 2; § 1906a Abs. 5 S. 2 BGB a.F. zu Abs. 2 Nr. 3;).

Weitere Vorgaben zum notwendigen Inhalt oder zu der Form der Vollmacht macht der Gesetzgeber nicht.[4]

 

Rz. 3

Die Bankvollmacht erteilt der Vollmachtgeber dem Anwalt direkt bei seinem Geldinstitut mit dessen Vollmachtsformularen. Selbst wenn der Anwalt mit einer umfassenden Bankvollmacht ausgestattet wird, ist er verpflichtet, diese gesonderte Vollmacht nach den Interessen des Vollmachtgebers auszuüben. Dazu gehört, dass das Bankguthaben mit Ein- und Ausgaben angemessen bewirtschaftet wird, damit der Vollmachtgeber seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Ebenso sind etwaige Wertpapierdepots wirtschaftlich zu verwalten.

 

Rz. 4

Soweit die Vorsorgevollmacht den Bereich Bankgeschäfte einschließlich der Bankkonten umfasst, ermächtigt sie den Bevollmächtigten zur Führung der Bankgeschäfte einschließlich der Kontoführungen bereits aus der Vollmacht[5] Eine separate Bankvollmacht, die der Vollmachtgeber bei der Bank direkt dem Bevollmächtigten erteilt, ist zusätzlich weder erforderlich noch kann sie zulässigerweise von den Banken verlangt werden.[6] Das gilt insbesondere auch für den Fall der postmortalen Vollmacht, die über den Tod hinausgeht.[7] In einem solchen Fall ist die Bank bei Vorlage der Urschrift der Vollmacht nicht einmal autorisiert, einen Erbschein zu verlangen. Nach dem Ableben des Vollmachtgebers würde seine postmortale Vollmacht ohnehin nur fortgelten, wenn die Erben sie nicht widerrufen. Bei Fortgeltung der Vollmacht werden die Erben von dem bevollmächtigten Anwalt vertreten.

[3] Lipp/Spalckhaver, Vorsorgeverfügung, § 8 Rn 32.
[4] BR-Drucks 564/20, 326 f. zu § 1820 Abs. 1 und 2 BGB; A. Schneider, BtPrax 2021, 9, 12 mit Verweis auf BT-Drucks 19/24445, 38.
[5] LG Detmold, Urt. v. 14.1.2015 – 10 S 110/14, FamRZ 2015, 1522; LG Kleve FamRZ 2015, 1523; AG Hamburg-Wandsbek, Beschl. v. 15.6.2017 – 706 XVII 53/17, NJW 2018, 564; LG Hamburg, Beschl. v. 30.8.2017 – 3 01 T 280/17, FamRZ 2018, 773; LG Konstanz, Beschl. v. 27.5.2020 – C 11 S 19/20, Rpfleger 2021, 500; AG Brandenburg, Beschl. v. 3.6.2021 – 85 XVII 79/2-, FamRZ 2021, 1745 f. m.w.N.
[6] Zahlreiche Kreditinstitute versuchen immer wieder, Bevollmächtigte nur mit der jeweils bankinternen Kontovollmacht den Vollmachtgeber vertreten zu lassen.
[7] LG Memmingen, Urt. v. 28.10.2019 – 22 O 257/19.

B. Berufsrecht

 

Rz. 5

Wird ein Anwalt mit einer Vorsorgevollmacht zum Bevollmächtigten bestellt und gleichzeitig eine Vollmachtsvereinbarung getroffen, geschieht dies vordringlich wegen der Stellung und der damit verbundenen beruflichen Tätigkeit, Erfahrung und Verantwortung des Anwaltes. Als Bevollmächtigter und Partei der Vereinbarung mit dem Vollmachtgeber (im Folgenden Bevollmächtigter genannt) handelt er in Ausübung seines Berufes als bestellter Rechtsanwalt. Die für die Anwaltstätigkeit bestehenden Berufsausübungsregelungen mit der BORA[8] und der BRAO[9] lassen die Übernahme einer Vollmacht durch den Anwalt grundsätzlich zu. Er muss allerdings beachten, dass er eine Vollmacht nur nach Maßgabe der §§ 45, 46 BRAO annehmen darf. Er darf etwa nicht im Vorfeld ebenfalls als Anwalt tätig gewesen sein, zum Beisp...

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