Dr. iur. Stephanie Herzog
I. Die Vollstreckung in das Eigenvermögen des Erben aus einem vorbehaltlosen Titel
Rz. 11
Hat der Erbe keinen Vorbehalt in den Titel aufnehmen lassen, so kann er im Nachhinein die Vollstreckung in sein Privatvermögen nicht mehr verhindern (etwas anderes gilt nur dann, wenn ausnahmsweise kein Vorbehalt erforderlich war, zu diesen Fällen siehe oben § 11 Rdn 17).
Er kann sich allenfalls beim Nachlass unter den Voraussetzungen der §§ 1991 Abs. 1, 1978 Abs. 3, 1979, 670 BGB regressieren, falls dieser hinreichend werthaltig ist.
II. Vollstreckung in Nachlass und Eigenvermögen aus einem Vorbehaltsurteil nach §§ 2014, 2015 BGB, §§ 782, 305 ZPO: §§ 781, 785, 767 ZPO
Rz. 12
Auch das Erheben der vorläufigen Einreden der §§ 2014, 2015 BGB bzw. § 782 S. 2 ZPO führt im Erkenntnisverfahren nicht zur Klageabweisung, sondern zur Verurteilung unter Vorbehalt, § 305 ZPO. Aus einem solcherart erlangten Vorbehaltsurteil können die Gläubiger gleichwohl sowohl in den Nachlass als auch in das Eigenvermögen vollumfänglich vollstrecken, bis der Erbe hiergegen Vollstreckungsgegenklage gemäß §§ 782 S. 1, 785, 767 ZPO erhebt.
Rz. 13
Die Geltendmachung der Einreden nach §§ 2014, 2015 BGB bzw. § 782 S. 2 ZPO im Wege der Vollstreckungsgegenklage bewirkt allerdings nur, dass die Zwangsvollstreckung gemäß § 782 ZPO für die Dauer der Schutzfristen der §§ 2014, 2015 BGB/§ 782 S. 2 ZPO auf reine Sicherungsmaßnahmen zu beschränken ist. Dies gilt sowohl für eine Vollstreckung in das Eigenvermögen als auch in den Nachlass. Die Vollstreckung erfolgt wie beim Arrest, §§ 930–932 ZPO, nur die Pfändung, nicht aber auch eine Verwertung ist zulässig:
Formulierungsbeispiele
Die Versteigerung oder sonstige Verwertung der aufgrund Endurteils des … vom …, Az. …, bei dem Kläger gepfändeten Gegenstandes, nämlich …, wird bis zum … einschließlich für unzulässig erklärt.
oder
Das aufgrund des Urteils des … vom …, Az. …, bei dem Kläger gepfändete Geld ist zu hinterlegen.
oder
Aus dem Urteil des … vom …, Az. …, ist bis zum … nur die Pfändung, nicht auch die Verwertung zulässig.
Rz. 14
Erhebt der Erbe die Vollstreckungsabwehrklage nicht bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Gleiches gilt für den Fall, dass die Zwangsvollstreckung beendet wird, bevor der Erbe ein obsiegendes Urteil erhält; auch dann wird die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abgewiesen. Insoweit ist darauf zu achten, einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu beantragen, §§ 785, 769 ZPO.
Hinweis
Auch über § 782 S. 1 ZPO können die Einreden der §§ 2014, 2015 BGB bzw. § 782 S. 2 ZPO nur in dem dort genannten Zeitfenster erhoben werden. Ist die jeweilige Frist verstrichen, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung unabhängig von den Beschränkungen des § 782 S. 1 ZPO fortbetreiben, d.h. er kann nunmehr die gepfändeten Gegenstände auch aus dem Privatvermögen des Erben verwerten. Um das zu verhindern, muss der Erbe endgültige Haftungsbeschränkungsmaßnahmen einleiten, wie die Nachlassinsolvenz, die Nachlassverwaltung oder die Einredeerhebung nach §§ 1990, 1992, 1973, 1975 BGB.
III. Vollstreckung aus einem Vorbehaltsurteil nach § 780 ZPO: §§ 781, 785, 767 ZPO
Rz. 15
Sind die vorübergehenden Einreden abgelaufen, so kann der Erbe sich nur dann erfolgreich gegen die Vollstreckung wehren, wenn er nunmehr die Haftungsbeschränkungsvoraussetzungen wirksam herbeigeführt hat.
1. Vollstreckung in den Nachlass
Rz. 16
Eine Vollstreckung in den Nachlass kann der Erbe allerdings auch dann nicht verhindern.
Hinweis
Der Erbe ist allerdings gehalten, eine Einzelzwangsvollstreckung zu verhindern, wenn ein Nachlassinsolvenzeröffnungsgrund gemäß § 320 InsO vorliegt, will er einer Haftung aus §§ 1979, 1980 BGB entgehen.
Ferner muss er eine Vollstreckung von Eigengläubigern in den Nachlass verhindern, § 783 ZPO, um nicht nach § 1978 BGB zu haften.
Rz. 17
Eine Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Zahlung des Wertes ist nur in den Fällen der §§ 1973 Abs. 2 S. 2, 1992 S. 2 BGB möglich; nach h.M. finden diese Vorschriften keine analoge Anwendung i.R.d. § 1990 BGB, da dieser sich anders als bei § 1973 BGB nicht auf eine Schätzung des Wertes der Nachlassgegenstände einlassen muss. Eine Zahlung statt der Duldung der Zwangsvollstreckung ist also zumindest gegen den Willen des Gläubigers nicht möglich.
Hinweis
Eine Vereinbarung mit dem Gläubiger ist natürlich möglich und wird auch wohl zustande kommen, wenn der Erbe die Gegenstände nicht völlig unter Wert einschätzt, da dem Gläubiger so eine lästige Vollstreckung erspart bleibt.
2. Vollstreckung in das Eigenvermögen
a) Trotz Vorbehaltsurteil möglich
Rz. 18
Vollstreckt ein Gläubiger aus einem Vorbehaltsurteil in das Eigenvermögen des Erben, so ist dies zulässig, § 781 ZPO.
Hinweis
Daher führt das Einlegen einer Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung gemäß § 766 ZPO nicht weiter.
Rz. 19
Der Erbe kann und muss dagegen Vollstreckungsabwehrklage erheben, §§ 785, 767 ZPO, um die Vollstreckung zu stoppen bzw. auf den ...