Ralf Mangold, Walter Krug
Rz. 76
Der Erwerb aus einem – schuldrechtlichen oder dinglichen – Rechtsgeschäft, das sich auf den Nachlass bezieht, fällt in den Nachlass. Jeder Erwerb mit Mitteln des Nachlasses oder für den Nachlass fällt darunter. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein einzeln handelnder Miterbe zur Vornahme des Rechtsgeschäfts befugt war. Fraglich ist, ob eine rein objektive Beziehung zum Nachlass ausreicht, oder ob zusätzlich ein entsprechender Wille des Handelnden erforderlich ist. Die Beantwortung dieser Frage ist abhängig davon, woher die eingesetzten Mittel stammen.
a) Erwerb mit Nachlassmitteln
Rz. 77
Wird das Rechtsgeschäft mit Mitteln des Nachlasses vorgenommen, so reicht eine objektive Beziehung zu dem Sondervermögen Nachlass aus. Andernfalls wäre der Schutzzweck des § 2041 BGB – die Erhaltung des Nachlasswertes – nicht zu erfüllen. Selbst ein anders lautender Wille der Handelnden ist bedeutungslos. Der BGH hat eine objektive Beziehung ausreichen lassen, wenn sich das Geschäft als eine typische Maßnahme der Nachlassverwaltung darstellt, gleichgültig, mit welchen Mitteln das Geschäft finanziert wird. So beruht die Verpachtung eines zum Nachlass gehörenden Gewerbebetriebs auf Nachlassmitteln mit der Folge, dass der Pachtzins zum Nachlass selbst dann gehört, wenn der handelnde Miterbe die Verpachtung im eigenen Namen vorgenommen hatte, um den Pachtzins für sich zu kassieren.
Der Gesellschaftsanteil an einer OHG oder KG fällt kraft Beziehungssurrogation in den Nachlass, wenn die Einlage aus Nachlassmitteln erbracht wurde. Dazu gehören die Gewinnrechte ebenso wie der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben.
b) Erwerb mit nachlassfremden Mitteln
Rz. 78
Wird mit privaten Mitteln eines Miterben und deshalb mit nachlassfremden Mitteln erworben, so sind sowohl ein subjektiver Wille, für den Nachlass erwerben zu wollen, als auch ein objektiver innerer Zusammenhang erforderlich. Ein objektiver Zusammenhang kann grundsätzlich bejaht werden, wenn das Geschäft der Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses dient. Der subjektive Wille des Miterben braucht dem Geschäftspartner gegenüber nicht zum Ausdruck zu kommen, er muss aber objektiv erkennbar sein. Insbesondere die Einverleibung eines Gegenstandes in den Nachlass lässt auf einen solchen objektiv erkennbaren subjektiven Willen schließen. Typische Verwaltungsmaßnahmen können – wie die BGH-Rechtsprechung zeigt – als Auslegungshilfe für den subjektiven Willen dienen.
Dazu der BGH im Urt. v. 30.6.2017 – V ZR 232/16:
Zitat
"Die im Fall der Beziehungsurrogation erforderliche Beziehung zwischen Rechtsgeschäft und Nachlass ist gegeben, wenn der Erwerb nach dem Willen des rechtsgeschäftlich Handelnden dem Nachlass zugute kommen soll (subjektive Komponente) und weiter ein innerer Zusammenhang mit dem Nachlass besteht (objektive Komponente), der auch in einer wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit begründet sein kann (hier: Zuerwerb einer auf dem Grundstück der Wohnanlage belegenen Garage, wenn der Miteigentumsanteil des Erblassers an der Eigentumswohnung in den Nachlass gefallen ist)."
c) Ersatz im Innenverhältnis
Rz. 79
Die Surrogation regelt die – dingliche – Rechtszuständigkeit. Inwieweit beim Erwerb mit fremden Mitteln Ersatz- oder Ausgleichsansprüche intern bestehen können, bestimmt sich nach dem Innenverhältnis, bspw. nach Auftragsrecht (§§ 683, 670 BGB).
d) Wesentliche Bestandteile
Rz. 80
Wesentliche Bestandteile eines Nachlassgegenstandes fallen, ohne dass es der dinglichen Surrogation bedürfte, gem. §§ 93, 94 BGB in den Nachlass.
e) Handelsgeschäft
Rz. 81
Wird ein im Nachlass befindliches Handelsgeschäft fortgeführt, so kommt es darauf an, mit welchen Mitteln dies geschieht: Stammen die Mittel aus dem Nachlass, so ergibt sich die Zuordnung ohne weiteres aus der Mittelsurrogation. Werden fremde Mittel eingesetzt, bspw. eines Miterben, so ist der objektive Zusammenhang mit dem Nachlass erkennbar, wenn die abgeschlossenen Geschäfte der Geschäftsfortführung dienen. Damit gehören die erworbenen Ersatzgegenstände zum Handelsgeschäft und somit zum Nachlass.