Ralf Mangold, Walter Krug
Rz. 413
& Möglichkeit der Selbstkorrektur nicht berufungsfähiger Urteile
Ist eine Berufung gegen ein Urteil nicht zulässig, weil entweder die Berufungssumme nicht erreicht ist oder das erstinstanzliche Gericht die Berufung nicht zugelassen hat und wurde im erstinstanzlichen Verfahren das rechtliche Gehör verletzt, so kann auf Antrag ("Gehörsrüge") eine Selbstkorrektur des Urteils erfolgen, § 321a ZPO.
Rz. 414
& Bedeutung für den Erbprozess
Die klagestattgebenden Urteile zum Auskunftsantrag sind in aller Regel nicht anfechtbar, weil die Berufungssumme nicht erreicht ist. Die Berufungssumme bei einem klagestattgebenden Urteil bezüglich der Auskunftsstufe nach § 511 ZPO wird wie folgt bestimmt: Für den Wert der Beschwer ist nicht das Interesse des Klägers maßgeblich, es kommt vielmehr auf das Interesse des Berufungsklägers, also des Beklagten der ersten Instanz, an, die Auskunft nicht erteilen zu müssen (Abwehrinteresse). Dieses wird vor allem nach dem Aufwand an Zeit, Arbeit und Kosten für die geforderte Erteilung der Auskunft bemessen. Dieser Aufwand wird nur in seltenen Fällen mit einem höheren Betrag als 600 EUR zu bewerten sein. Die Festsetzung des Streitwertes für die Berufung ist nach §§ 2, 3 ZPO eine Ermessensentscheidung und unterliegt deshalb nur begrenzt der Überprüfung durch das Beschwerdegericht.
Rz. 415
& Verfahrensfragen
Das Gericht prüft nicht von Amts wegen eine etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs, vielmehr muss der Betroffene eine Rüge erheben. Die Rügeschrift muss beim Ausgangsgericht binnen einer Notfrist von zwei Wochen eingereicht werden, § 321a Abs. 2 ZPO. Die Frist beginnt mit der Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden, vgl. § 321a Abs. 2 S. 2 ZPO. Gegen die Versäumung der Frist ist nach allgemeinen Regeln die Wiedereinsetzung zulässig, § 233 ZPO.
Für die Begründetheit der Rüge müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Die Feststellung der Verletzung rechtlichen Gehörs und ihre Entscheidungserheblichkeit.
Ist die Gehörsrüge unzulässig, so wird sie verworfen; ist sie unbegründet, so wird sie zurückgewiesen, § 321a Abs. 4 ZPO. Die gerichtliche Entscheidung darüber ist kurz zu begründen. Ein Rechtsmittel dagegen ist nicht statthaft, § 321a Abs. 4 S. 4 ZPO. Allenfalls kann dagegen mit der Verfassungsbeschwerde vorgegangen werden.
Ist die Rüge begründet, so wird das rechtliche Gehör nachgeholt.
Es ergeht ein neues Urteil, das – vergleichbar dem Einspruchsverfahren gegen ein Versäumnisurteil – das Ersturteil entweder aufrechterhält oder aber ganz oder teilweise aufhebt, §§ 343, 321a Abs. 5 S. 3 ZPO.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Ersturteil kann vorläufig eingestellt werden, §§ 321a Abs. 6, 707 ZPO.