Ralf Mangold, Walter Krug
a) Anwachsung auch auf der Passivseite
Rz. 508
Nicht nur auf der Aktivseite des Nachlasses erfolgt eine Anwachsung, sondern auch auf der Passivseite, d.h. auch die noch vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten wachsen den verbleibenden Miterben an.
b) Erblasserschulden und Erbfallschulden
Rz. 509
Unabhängig davon, das Innenverhältnis betreffende Rechtsfolge, haftet der abgeschichtete Miterbe im Außenverhältnis auch weiterhin für die bereits entstandenen Erblasser- und Erbfallschulden, weil die Nachlassgläubiger keinen Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der Erbengemeinschaft haben. Und wenn schon bei der förmlichen Erbteilsübertragung das Gesetz in § 2382 Abs. 1 S. 1 BGB das Fortbestehen der Haftung des Erbteilsveräußerers vorsieht, so muss dies für den Abgeschichteten erst recht gelten. Deshalb sollte in den Abschichtungsvertrag eine entsprechende Freistellungsverpflichtung der verbleibenden Miterben aufgenommen werden.
c) Nachlasserbenschulden bis zur Abschichtung
Rz. 510
Nachlasserbenschulden werden durch Rechtshandlungen der Miterben, insbesondere durch Rechtsgeschäfte im Rahmen von Verwaltungsmaßnahmen (§ 2038 BGB), begründet. Weil sie sich auf den Nachlass beziehen, sind es Nachlassverbindlichkeiten. Aber sie sind gleichzeitig auch Eigenverbindlichkeiten jedes Miterben, denn sie wurden in aller Regel rechtsgeschäftlich begründet; und damit haften die Miterben nach allgemeinem Vertrags- und Schuldrecht dafür auch persönlich, d.h. unbeschränkt, ohne die Möglichkeit, dafür eine Haftungsbeschränkung herbeiführen zu können.
Rz. 511
Sollten die Erben dabei einstimmig gehandelt haben, so bestehen keine Zweifel an der persönlichen externen Haftung jedes Erben. Wurde eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung gem. §§ 2038, 745 Abs. 1 S. 1 BGB mit Stimmenmehrheit beschlossen, so werden bei der externen Umsetzung eines solchen Mehrheitsbeschlusses aus dem entsprechenden Rechtsgeschäft sowohl der Nachlass als auch die jeweiligen Eigenvermögen, einschließlich der Eigenvermögen der überstimmten Minderheits-Erben verpflichtet. Der BGH nimmt insofern ein Vertretungsrecht der Mehrheitserben für die Minderheitserben an; die Mehrheitserben seien kraft gesetzlicher Regelung zur Vertretung der überstimmten Erben befugt.
Rz. 512
Für Notverwaltungsmaßnahmen i.S.v. § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB kann jeder einzelne Miterbe die anderen Miterben in Bezug auf den Nachlass verpflichten. Eine persönliche Verpflichtung der anderen Miterben ergibt sich nur aus besonderem Rechtsgrund, bspw. aus Geschäftsführung ohne Auftrag.
Fazit: Der abgeschichtete Miterbe haftet auch für Nachlasserbenschulden, die bis zu seinem Ausscheiden begründet wurden.
d) Nachlasserbenschulden nach der Abschichtung
Rz. 513
Nach der Abschichtung befindet sich der ausgeschiedene Miterbe nicht mehr in der Erbengemeinschaft, sein Anteil ist den verbleibenden Miterben analog § 738 BGB angewachsen. Das vom BGH angenommene Vertretungsrecht der Mehrheitserben besteht jetzt nicht mehr, also kann der abgeschichtete Miterbe aus Verwaltungsmaßnahmen, seien sie einstimmig oder mehrheitlich beschlossen worden, nicht mehr verpflichtet werden. Dasselbe gilt für Verwaltungsmaßnahmen eines einzelnen Miterben im Rahmen der Notverwaltung.
Hinweis
Nach der Abschichtung könnte noch eine Haftung des Abgeschichteten nach den Grundsätzen der Anscheins- oder Duldungsvollmacht begründet werden. Deshalb sollte in einen Abschichtungsvertrag die Verpflichtung der Verbleibenden aufgenommen werden, dass sie nach außen deutlich erkennen lassen, der Abgeschichtete gehöre nicht mehr zur Erbengemeinschaft.
e) Wegfall einzelner Haftungsbeschränkungsmaßnahmen
Rz. 514
Weil für den abgeschichteten Miterben eine Erbteilung stattgefunden hat, kann er die Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten, die das Gesetz für die Zeit nach der Erbteilung nicht mehr gewährt, auch nicht mehr in Anspruch nehmen:
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Die Einrede des ungeteilten Nachlasses gem. § 2059 Abs. 1 BGB ist dem abgeschichteten Erben aus logischen Gründen genommen, denn er befindet sich ja nicht mehr im Vorstadium der Erbteilung. Die Einrede des ungeteilten Nachlasses beruht auf der Erkenntnis, dass das gesamthänderisch gebundene Sondervermögen Nachlass vom jeweiligen Eigenvermögen der Miterben separiert ist und aus diesem Grund eine Vermögensseparierung zur Herbeiführung der Haftungsbeschränkung nicht erforderlich ist; eine Verschmelzung der jeweiligen Eigenvermögen der Miterben einerseits und des Nachlasses andererseits hat wegen der gesamthänderischen Bindung des Nachlasses vor der Erbteilung nicht stattgefunden, wohl aber nach der Erbteilung. |
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Die Nachlassverwaltung kann er für sich nicht mehr in Anspruch nehmen, weil § 2062 Hs. 2 BGB diese nach der Erbteilung ausschließt. |
Lediglich das Nachlassinsolvenzverfahren kann auch nach der Erbteilung noch betrieben werden, § 316 Abs. 3 InsO.
f) Empfehlung: Aufgebot der Nachlassgläubiger und Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten vor der Abschichtung
Rz. 515
Das Erbteilungsmo...