Ralf Mangold, Walter Krug
I. Grundsatz und Ausnahme
Rz. 114
Nach dem Prinzip gesamthänderischer Bindung könnten Forderungen, die zum Nachlass gehören, grundsätzlich nur von allen Erben gemeinsam geltend gemacht und eingezogen werden.
Dies wäre für die Praxis jedoch viel zu schwerfällig. Deshalb macht § 2039 S. 1 BGB eine Ausnahme von diesem Grundsatz: Jeder Miterbe hat die Befugnis, eine Nachlassforderung allein geltend zu machen, muss aber Leistung an alle Miterben gemeinschaftlich verlangen. Der einzelne Miterbe kann auch gegen den Widerspruch der übrigen Miterben seine Rechte geltend machen, weil es sich um ein Sonderrecht des einzelnen Miterben handelt und weil im Hinblick auf die gesamtschuldnerische Haftung jedes Erben nach § 2058 BGB nicht einzelne Erben verhindern können, dass Forderungen, die sich im Nachlass befinden, nicht auch sowohl für die Nachlassgläubiger als auch für alle Miterben realisiert werden.
Soll ein Verwahrer nach § 2039 S. 2 BGB bestellt werden, so richtet sich das Verfahren nach § 410 Nr. 3 FamFG.
Rz. 115
Die Vorschrift gilt zunächst für Ansprüche i.S.v. § 194 BGB. Darunter fallen:
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Freistellungsanspruch, |
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Unterlassungsanspruch, |
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öffentlich-rechtliche Versorgungsansprüche, |
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Anspruch auf Sterbegeld, |
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Schadensersatzansprüche gegen beurkundenden Notar, |
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Schadensersatzansprüche wegen Schäden am Eigentum der Erbengemeinschaft, |
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Ansprüche auf Rechnungslegung. |
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Auf Herausgabeansprüche wendet die Rechtsprechung § 2039 BGB analog an. |
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Auch der Anspruch der Erbengemeinschaft auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) fällt unter § 2039 BGB, so dass ihn ein Erbe für alle geltend machen kann. Den dazu erforderlichen Antrag nach § 13 GBO kann ohnehin jeder Miterbe allein stellen. |
Ist eine Darlehensforderung im Nachlass, die zur Fälligkeit der Kündigung bedarf, so fällt die Ausübung des Kündigungsrechts nicht unter § 2039 BGB, vielmehr ist sie nach der Rechtsprechung eine Verfügung, die im Grundsatz dem Einstimmigkeitserfordernis des § 2040 BGB unterliegt.
Nach der neuen BGH-Rechtsprechung ist die Kündigung eines Mietverhältnisses zwar eine Verfügung über dieses Rechtsverhältnis, die Erben können aber ein Mietverhältnis über eine zum Nachlass gehörende Sache wirksam mit Stimmenmehrheit kündigen, wenn sich die Kündigung als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses darstellt.
OLG Frankfurt: Die Kündigung eines Darlehens von Seiten der Miterben kann eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung sein, die mit Stimmenmehrheit beschlossen und erklärt werden kann.
OLG Brandenburg: Die Kündigung eines Girovertrages bzw. eines Vertrags über ein Sparkonto kann als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung mit Stimmenmehrheit beschlossen werden.
Darüber hinaus kann der einzelne Miterbe ohne Mitwirkung der anderen Miterben auch Abwehrrechte (z.B. Vollstreckungsgegenklage gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahme aus einer Grundschuld am Nachlassgrundstück) zugunsten der Erbengemeinschaft gerichtlich durchsetzen.
Rz. 116
Vererblichkeit des Abfindungsanspruchs aus einem beendeten Arbeitsverhältnis: Ohne ausdrückliche Regelung in der Beendigungsvereinbarung ist im Einzelfall regelmäßig streitig, ob der Abfindungsanspruch auf die Erben übergeht, wenn der Arbeitnehmer vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses stirbt.
II. Befugnisse des einzelnen Miterben
1. Außergerichtlich
Rz. 117
Der handelnde Miterbe kann Verzug herbeiführen durch Mahnung.
2. Prozessführungsbefugnis
Rz. 118
Der Miterbe kann auf Leistung oder Feststellung klagen, er kann die Zwangsvollstreckung betreiben, er kann Prozesse, die durch den Tod des Erblassers unterbrochen wurden, wieder aufnehmen.
Der Miterbe ist gesetzlicher Prozessstandschafter und handelt deshalb in eigenem Namen (für sich und die anderen Miterben, was im Rubrum selbstverständlich zum Ausdruck kommen muss). Aber weil nur der klagende Miterbe Partei ist, können die anderen Miterben als Zeugen vernommen werden.
III. Prozessrecht
1. Rechtskraftwirkung
Rz. 119
Weder das obsiegende noch das unterliegende Leistungsurteil schafft Rechtskraft für die anderen, am Prozess nicht beteiligten Erben. Nach Jauernig/Stürner soll das obsiegende Leistungsurteil Rechtskraft für die Miterben entfalten, nicht aber das unterliegende, es sei denn, die Miterben hätten der Prozessführung zugestimmt.
Rz. 120
Wenn einzelne Erben vo...