Ralf Mangold, Walter Krug
(1) Urkundenvorlage durch Dritte
Rz. 407
Nach § 142 ZPO kann das Gericht – ggf. unter Fristsetzung – von Amts wegen die Vorlage von Urkunden nicht nur durch die Parteien, sondern auch durch Dritte anordnen, sofern dem Dritten dies zumutbar ist und er kein Zeugnisverweigerungsrecht hat. Zwangsmittel stehen gegenüber dem Dritten wie gegenüber einem Zeugen zur Verfügung. Bei Erbteilungsklagen ist die Kenntnis über ausgleichungspflichtige Vorempfänge von großer Wichtigkeit (§§ 2050 ff., 1624 BGB). Urkunden sind generell zuverlässigere Beweismittel als Zeugenaussagen. Deshalb ist es für eine beweispflichtige Partei von Vorteil, wenn ein Dritter schriftliche Unterlagen, bspw. einen Überweisungsbeleg, vorlegen kann. Dritter kann auch der zuständige Mitarbeiter einer Bank sein, die Kontounterlagen wenigstens in der Form von Mikrofilmen besitzt. Ein materiell-rechtlicher Auskunfts- oder Vorlegungsanspruch ist nicht erforderlich.
Dies ist auch für andere Erbprozesse von erheblicher Bedeutung. So kann bspw. einem Arzt aufgegeben werden, seine Patientenkartei über den Erblasser vorzulegen. Nach der Rechtsprechung des BGH steht dem Arzt im Grundsatz kein Zeugnisverweigerungsrecht zu, weil er als von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden angesehen werden kann.
Ist die Frage des Bestehens eines Zeugnisverweigerungsrechts streitig, so kann darüber im Zivilprozess gem. § 387 ZPO ein Zwischenurteil erlassen werden, das mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann, § 387 Abs. 3 ZPO. Das Gleiche gilt für das Erbscheinsverfahren gem. § 30 FamFG i.V.m. § 387 ZPO. Dort wäre es allerdings ein Zwischenbeschluss. Dieselben Regeln gelten, wenn einem Dritten gem. § 142 ZPO aufgegeben wird, Unterlagen vorzulegen, weil dort auf den Zeugenbeweis verwiesen wird, vgl. § 142 Abs. 2 S. 2 ZPO.
(2) Schlüssigkeit der Klage
Rz. 408
Der Klageantrag kann sich darauf beschränken, Auskunft über die auszugleichenden Zuwendungen zu erteilen. Der klagende Miterbe braucht weder darzulegen noch zu beweisen, dass eine Zuwendung erfolgt ist. Es reicht, wenn der Kläger darlegt und ggf. beweist, dass er und der beklagte Miterbe an einer nach dem Gesetz vorzunehmenden Ausgleichung gemäß den Vorschriften der §§ 2050 ff. BGB beteiligt sind.
(3) Beweislast bei gemischter Schenkung
Rz. 409
Behauptet der Kläger, ein entgeltliches Rechtsgeschäft beinhalte wegen seiner besonderen rechtlichen Ausgestaltung eine ausgleichungspflichtige Zuwendung, so trägt er dafür die Beweislast.
(4) Streitwert
Rz. 410
Der Streitwert einer Auskunftsklage richtet sich nicht nach dem von einer Ausgleichung zu erwartenden Vorteil, sondern nach dem Interesse an der verlangten Auskunft in ihrer Eigenschaft als den Leistungsanspruch sichernde Hilfsleistung.
(5) Eidesstattliche Versicherung
Rz. 411
Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist nur für den Fall geschuldet, dass ein begründeter Verdacht besteht, die Auskunft sei nicht mit der gebotenen Sorgfalt erteilt worden, § 2057 S. 2 BGB i.V.m. § 260 Abs. 2 BGB. Wurde die Auskunft erteilt, so kann wegen einer etwaigen Unvollständigkeit grundsätzlich nicht eine Ergänzung der Auskunft, sondern lediglich die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verlangt werden, es sei denn, die Auskunftspflicht könnte als nicht erfüllt angesehen werden.
Die eidesstattliche Versicherung ist im FG-Verfahren – §§ 410 Nr. 1, 413 FamFG – abzugeben; funktionell zuständig dafür ist der Rechtspfleger, § 3 Nr. 1b RpflG.
Wurden in der Auskunft Wertangaben gemacht, so bezieht sich die eidesstattliche Versicherung auch darauf.
(6) Nichterteilung von Auskünften als Einrede gegen den Erbauseinandersetzungsanspruch
Rz. 412
Die Teilung des Nachlasses kann so lange nicht erfolgen, solange nicht Klarheit über die ausgleichungspflichtigen Vorempfänge herrscht. Deshalb können die in der Erbteilungsklage beklagten Miterben so lange nicht zur Zustimmung zum Teilungsplan verurteilt werden, solange der Kläger nicht Auskunft darüber erteilt hat, ob und ggf. welche Zuwendungen er vom Erblasser erhalten hat, die nach den Vorschriften über die Ausgleichung nach §§ 2050 ff. BGB in der Erbteilung zu berücksichtigen sind.
So lange kann eine Erbteilung nicht durchgeführt werden. Die Auskunftspflicht des Klägers nach § 2057 BGB hat Vorrang vor seinem Anspruch auf Erbteilung nach § 2042 BGB.
(7) Das Abhilfeverfahren nach § 321a ZPO
Rz. 413
& Möglichkeit der Selbstkorrektur nicht berufungsfähiger Urteile
Ist eine Berufung gegen ein Urteil nicht zulässig, weil entweder die Berufungssumme nicht erreicht ist oder das erstinstanzliche Gericht die Berufung nicht zugelassen hat und wurde im erstinstanzlichen Verfahren das rechtliche Gehör verletzt, so kann auf Antrag ("Gehörsrüge") eine Selbstkorrektur des Urteils erfolgen, § 321a ZPO.
Rz. 414
& Bedeutung für den Erbprozess
Die klagestattgebenden Urteile zum Auskunftsantrag sind ...