Ralf Mangold, Walter Krug
I. Grundsätzliches
Rz. 167
Der Erblasser bestimmt in seiner letztwilligen Verfügung die Aufgaben des Testamentsvollstreckers, § 2208 BGB. Im Regelfall der Abwicklungsvollstreckung muss der Testamentsvollstrecker den Nachlass so lange verwalten, bis die von ihm vorzunehmende Auseinandersetzung des Nachlasses vollzogen ist (siehe auch § 19 "Der Testamentsvollstrecker als Mandant").
Rz. 168
Bei der Verwaltungs- oder Dauervollstreckung (§ 2209 BGB) steht nicht die Nachlassauseinandersetzung im Vordergrund, sondern die ordnungsmäßige langjährige Verwaltung des Nachlasses als Sondervermögen der Erben. In der Praxis wird eine Dauervollstreckung häufig angeordnet für behinderte Kinder oder für Kinder bis zur Vollendung eines bestimmten Lebensalters (nicht selten bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres).
Die Rechte des Testamentsvollstreckers aus § 2205 BGB bestehen vor allem darin,
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den Nachlass in Besitz zu nehmen, |
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den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten und |
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über einzelne Nachlassgegenstände zu verfügen. |
Rz. 169
Soweit der Testamentsvollstrecker Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hat, sind die Erben von der Verwaltung und Verfügung ausgeschlossen (§ 2211 BGB).
II. Die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers
Rz. 170
Bei der Verwaltung ist der Testamentsvollstrecker nicht an Weisungen der Erben gebunden. Für ihn gilt lediglich der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 2216 BGB), der ihm besondere Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt abverlangt. Für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit sind objektive Maßstäbe anzulegen. Seine Pflicht ist es, den Nachlass zu erhalten und, wenn möglich, auch zu mehren.
Rz. 171
BGH in NJW 1987, 1070:
Zitat
Bei Anlageentscheidungen des Testamentsvollstreckers steht im Vordergrund "das Bild eines zwar umsichtigen und soliden, aber dynamischen Geschäftsführers, der die Risiken und Chancen kalkuliert und dann eingeht oder nicht."
III. Sonderproblem Testamentsvollstreckung an einem Gesellschaftsanteil einer Personengesellschaft
Rz. 172
Zunächst ein Zitat aus dem Beschl. des BGH v. 10.1.1996 – IV ZB 21/94:
Zitat
"An dem vererbten Anteil einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist Testamentsvollstreckung nicht schlechthin ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn die Erben des Gesellschaftsanteils vor dem Erbfall bereits an der Gesellschaft beteiligt waren."
Rz. 173
Dieser Beschluss sorgt für weitere Klarheit in dem Problemkreis, den die Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung über Anteile an einer Personengesellschaft hervorruft.
Rz. 174
Die Frage der Zulässigkeit einer Dauertestamentsvollstreckung stellt eines der schwierigsten Probleme im Grenzbereich zwischen Gesellschaftsrecht und Erbrecht dar. Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Dauertestamentsvollstreckung hat der II. (Gesellschaftsrechts-)Senat für den Kommanditanteil durch Beschl. v. 3.7.1989 bereits bejaht.
Jetzt geht es um die Frage, inwieweit auch eine Dauervollstreckung am Anteil eines Komplementärs, OHG- oder BGB-Gesellschafters möglich ist, also dort, wo mit der gesellschaftsrechtlichen Position eine unbeschränkte persönliche Haftung verbunden ist.
Rz. 175
Gegen die Zulässigkeit der Dauervollstreckung spricht hier noch immer die Diskrepanz zwischen erbrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Haftungsregeln, die sich u.a. auch aus der auf den Nachlass beschränkten Verpflichtungsbefugnis des Testamentsvollstreckers herleitet (§ 2206 BGB).
Rz. 176
Eine Fremdverwaltung vollhaftender Beteiligungen ist nach ganz h.M. nur auf der Grundlage der Ersatzkonstruktionen der Vollmacht- und Treuhandlösung möglich.
In der Literatur wurde die Möglichkeit erörtert, den Erben mittels Auflage (§ 1940 BGB) oder aufschiebend bedingter Erbeinsetzung (§ 2074 BGB) zur Erteilung einer unwiderruflichen Vollmacht zu bewegen bzw. den Widerruf einer widerruflichen – in der Regel postmortalen oder transmortalen – Vollmacht mittels auflösend bedingter Erbeinsetzung (§ 2075 BGB) unter gleichzeitiger Bestimmung eines Ersatzerben zu sanktionieren.
Rz. 177
Die Aussage in dem zitierten Beschluss, eine Testamentsvollstreckung am Anteil eines BGB-Gesellschafters sei "nicht schlechthin" ausgeschlossen, ließ sich bereits auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung von Erbrechts- und Gesellschaftsrechtssenat treffen. Der Erbrechtssenat hatte bereits mit seiner Entscheidung vom 14.5.1986 eine differenzierte Betrachtung angestellt: Zwar habe der Testamentsvollstrecker in der Gesellschaft selbst, bezüglich der sog. Innenseite der Beteiligung, keine Mitwirkungsrechte. Dagegen unterfielen die verkehrsfähigen vermögensrechtlichen Ansprüche auf Gewinnbeteiligung und künftigem Auseinandersetzungsguthaben als "Außenseite" der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung der Machtbefugnis des Testamentsvollstreckers, weil hierfür keine Zustimmung der Mitgesellschafter (für eine Fremdverwaltung) erforderlich sei.
Rz. 178
Auch der Gesellschaftsrechtssenat hat – unabhängig von dem Streit, inwieweit der Personengesellschaftsanteil zum Nachlass gehört – die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über die mit der Beteiligung verbundenen Vermögensrechte nie in Zweifel gezogen.
Rz. 179
Der IV. Senat ha...