Ralf Mangold, Walter Krug
1. Gesetzeslage
Rz. 578
Die meisten alten Bundesländer – nicht auch die neuen – haben Sonderregeln für die Vererbung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe erlassen. Neben diesen Sondervorschriften auf Länderebene eröffnet § 13 GrdstVG die Möglichkeit der Zuweisung eines Hofes an einen Miterben als bundeseinheitliche Regelung, und damit gibt es auch in den neuen Bundesländern ein besonderes Landwirtschaftserbrecht. Ermächtigungsgrundlage für landesrechtliche Sonderregeln ist Art. 64 EGBGB. Die Sondervorschriften weichen zum Teil erheblich von den §§ 1922 ff. BGB ab.
Rechtspolitischer Hintergrund ist das agrarpolitische Interesse an der geschlossenen Vererbung landwirtschaftlich lebensfähiger Einheiten. Aus diesem Grund soll es einem Hoferben – bei Ehegatten auch beiden – ermöglicht werden, die Rechtsnachfolge in einen Hof anzutreten. Um dieses Ziel zu erreichen, sind insbesondere Bestimmungen über die Abfindung weichender Erben erforderlich. Wobei sich die Abfindungsleistungen nicht am Verkehrswert des Hofes orientieren können, weil der Übernehmer andernfalls finanziell überfordert wäre.
2. Die Höfeordnung
a) Rechtsgrundlage
Rz. 579
Die Höfeordnung gilt seit 1.7.1976 in den Ländern Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, und zwar als partikuläres Bundesrecht gem. Art. 125, 72 Abs. 2, 74 Nr. 1 GG. Nur im Saarland, in Bayern, in Berlin und in den neuen Bundesländern gelten keine höferechtlichen Sonderregelungen. In Baden-Württemberg gilt unterschiedliches Recht (vgl. unten Rdn 589).
Rz. 580
Der HöfeO unterfallen alle land- und forstwirtschaftlichen Besitzungen mit einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle, die sich im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten befindet, sofern sie einen nach § 46 BewG bestimmten Wirtschaftswert von mindestens 10.000 EUR haben, § 1 Abs. 1 HöfeO.
Begriffsbestimmung: § 1 Abs. 2 GrdstVG.
Höfe mit einem Wirtschaftswert zwischen 10.000 EUR und 5.000 EUR erhalten die Hofeigenschaft durch entsprechende, öffentlich beglaubigte Erklärung gegenüber dem Landwirtschaftsgericht und mit der Eintragung des Hofvermerks im Grundbuch (§ 1 Abs. 1 HöfeO, §§ 2 ff. HöfeVfO. Ein Hof, dessen Wirtschaftswert weniger als 5.000 EUR beträgt und der im Eigentum von Ehegatten steht, wird gem. § 1 Abs. 2 HöfeO mit der Eintragung des Hofvermerks im Grundbuch zum Ehegattenhof.
Die Hofeigenschaft kann verloren gehen oder aufgegeben werden, indem der Hofeigentümer den Hofvermerk im Grundbuch löschen lässt, § 1 Abs. 4 HöfeO. Vgl. im Einzelnen Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015.
BGH, Beschl. v. 26.10.1999 – BLw 2/99:
Zitat
"Ob die Hofeigenschaft ohne Löschung des Hofvermerks weggefallen ist, weil keine landwirtschaftliche Besitzung mehr besteht, hat in erster Linie der Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Falles zu beurteilen."
BGH, Beschl. v. 29.11.2013 – BLw 4/12:
Zitat
"Ob beim Erbfall trotz des im Grundbuch eingetragenen Hofvermerks die Hofeigenschaft entfallen war, beurteilt sich danach, ob der Erblasser den landwirtschaftlichen Betrieb endgültig eingestellt hatte."
b) Gesetzliche Sondererbfolge
Rz. 581
Abweichend von der in § 1922 BGB angeordneten Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) sieht § 4 HöfeO eine Sondererbfolge vor: Der Hof geht mit dem Erbfall kraft Gesetzes auf einen einzigen Erben, den Hoferben, über. Der Rechtsübergang kraft Sondererbfolge erstreckt sich gem. §§ 2, 3 HöfeO auf das gesamte Zubehör, auf die Grundstücke, die vom Hof aus bewirtschaftet werden, und auf die dem Hof dienenden Rechte. Für die Hofzugehörigkeit eines Grundstücks ist maßgebend, ob die landwirtschaftliche oder nicht landwirtschaftliche Nutzung überwiegt, denn höferechtlich kann die Eigenschaft eines Grundstücks nur einheitlich beurteilt werden. Nach BGH führt allein die langfristige Vermietung eines Landarbeiterhauses nicht dazu, dass ein Grundstück seine Hofzugehörigkeit verliert.
Das fakultative Höferecht erlaubt die von vornherein zeitlich beschränkte Aufgabe der Hofeigenschaft zu dem Zweck, bei der Übertragung des Hofes die Schwierigkeiten zu vermeiden, die sich aus der Anwendung der höferechtlichen Vorschriften ergeben.
Wer Hoferbe wird, bestimmt der Erblasser durch Verfügung von Todes wegen, § 7 HöfeO.
Rz. 582
Ist dies nicht geschehen, so tritt gesetzliche Hoferbfolge ein: Gesetzliche Hoferben der ersten Ordnung sind die Kinder des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 5 Nr. 1 HöfeO, und zwar seit 1.4.1998 auch die nichtehelichen Kinder und deren Abkömmlinge, weil diese den ehelichen Kindern erbrechtlich jetzt gleichstehen, Art. 227 EGBGB, ErbGleichG v. 16.12.1997und Zweites ErbGleichG v. 12.4.2011.
Für die Erbfolge der Geschwister des Erblassers und ihrer Abkömmlinge gelten auch bei der Bestimmung des Hoferben nach dem Ältesten- oder Jüngstenrecht die ...