Ralf Mangold, Walter Krug
aa) Begriff der Notverwaltungsmaßnahme
Rz. 44
Notverwaltungsmaßnahmen sind nur Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung. Sie sind zulässig in Dringlichkeitsfällen, wenn die Stellungnahme bzw. Zustimmung der anderen Miterben nicht mehr eingeholt werden kann und dem Bestand bzw. Wert des Nachlasses ein Schaden droht.
bb) Alleinverwaltungsrecht und -pflicht jedes Miterben
Rz. 45
Im Rahmen eines gesetzlichen Auftrags- und Vertretungsrechts kann der einzelne Erbe ordnungsmäßige Maßnahmen sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis treffen. Jeder Miterbe hat ein Alleinverwaltungsrecht (Notgeschäftsführung, § 2038 Abs. 1 S. 2 a.E. BGB). Im Falle der Notgeschäftsführung ist der betreffende Erbe auch zur Alleinverfügung nach außen gem. § 2040 BGB berechtigt.
Rz. 46
Beispiel
Verstopfung des Abwassersystems im Wohnhaus der Erbengemeinschaft.
Ein Miterbe kann die erforderlichen Reparaturaufträge erteilen. Aus dem Auftrag entsteht eine Nachlassverbindlichkeit. Und er kann auch aus Nachlassmitteln die Werklohnforderung erfüllen (Verfügungsgeschäft).
Für das Außenverhältnis siehe unten Rdn 58 ff.
Weiteres Beispiel:
Einbruch/Vandalismus und Sicherungsmaßnahmen wegen eingedrungenem Wasser sowie entstehendem Schimmel.
Maßgebend ist eine objektive Betrachtung aus der Sicht eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beobachters zur Zeit der Vornahme der Handlung. Auch die Wahrnehmung von Rechtsschutzverfahren gehört zum Kreis der möglichen notwendigen Verwaltungsmaßnahmen.
Aber der einzelne Erbe ist nicht nur berechtigt, Notverwaltungsmaßnahmen zu treffen, sondern im Einzelfall auch dazu verpflichtet.
Rz. 47
Zur Notverwaltungsmaßnahme der BGH in BGHZ 6, 76, 81:
Zitat
"Zur Erhaltung notwendige Maßregeln können sowohl solche sein, die auf die Erhaltung des Nachlasses in seiner Gesamtheit abzielen, wie auch solche, die nur der Erhaltung bestimmter einzelner Nachlaßgegenstände dienen. Soweit es sich um die Erhaltung einzelner Nachlaßgegenstände handelt, ist aber gleichfalls zu beachten, daß sie immer nur ein Teil des Gesamtnachlasses sind. Nur im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtnachlasses ist dem Miterben das Recht eingeräumt, zur Erhaltung notwendige Maßnahmen ohne Mitwirkung der anderen Miterben zu treffen …"
Rz. 48
Steht ein Geschäftsanteil an einer GmbH einer Erbengemeinschaft zu, so kann jeder Miterbe gem. § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB ohne Mitwirkung der anderen Anfechtungsklage gegen einen Gesellschafterbeschluss erheben.
Dazu BGH in BGHZ 108, 21, 30/31:
Zitat
"Nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB kann indessen jeder Miterbe notwendige Erhaltungsmaßnahmen ohne Mitwirkung der anderen treffen. Dazu kann auch die Erhebung einer Klage gehören, wenn nur durch sie ein zum Nachlaß gehöriges Recht erhalten werden kann (BGHZ 94,117, 120 f. m.w.Nachw.). Diese Voraussetzung ist bei einer gesellschaftlichen Anfechtungsklage erfüllt …"
cc) Haftungsfolgen
Rz. 49
Weil der einzelne Erbe umfassendes Vertretungsrecht im Rahmen dieses besonderen Verwaltungshandelns hat, verpflichtet er damit nicht nur den Nachlass, sondern auch die anderen Miterben persönlich – es entsteht also eine Nachlasserbenschuld, wenn nicht ausdrücklich oder konkludent eine Haftungsbeschränkung vereinbart wird.