Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 191
Der Vorrang der konkreten Vereinbarung gilt auch, wenn es um Ersatzregelungen geht. Wenn ein Bedürftiger Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen muss, weil die vereinbarten Verpflichtungen nicht erfüllt werden oder nicht erfüllt werden können, dann stellt sich immer die Frage, ob dem Altenteiler nicht in irgendeiner Form vertragliche oder gesetzliche Ersatzansprüche für den Ausfall der geschuldeten Leistungen zustehen, die er vorrangig in Anspruch nehmen muss oder die der Sozialhilfeträger auf sich überleiten kann. Solche Ersatzansprüche, die bei Leistungsstörungen eintreten und an die Stelle der Ursprungsverpflichtung treten, sind ebenfalls nach § 93 SGB XII überleitbar. Auch insoweit beginnt die Prüfung mit der Frage, ob Art. 96 EGBGB anwendbar ist und ob es sich bei der Vereinbarung der Beteiligten tatsächlich um ein Leibgedinge handelt. Für den Verpflichteten ist dies in der Regel nachteilig, weil es in einzelnen Bundesländern gesetzliche Vorschriften gibt, die beim Ausfall der Ursprungsleistung Ersatzverpflichtungen anordnen. So regelt z.B. das AGBGB Niedersachsen:
§ 10 Nds. AGBGB – Geldrente bei Aufgabe der Wohnung
(1) Verlässt der Gläubiger das Grundstück für dauernd, so hat ihm der Schuldner neben den vereinbarten Geldleistungen eine Geldrente zu zahlen, die nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Ursachen der Wohnungsaufgabe, der erhöhten Bedürfnisse und tatsächlichen Belastungen des Gläubigers sowie der Leistungsfähigkeit des Schuldners und des Wertes der Vorteile zu bestimmen ist, die er durch die Befreiung von der Pflicht zur Gewährung der Wohnung und zu Dienstleistungen erlangt.
(2) Der Schuldner hat dem Gläubiger auch die Umzugskosten zu erstatten, soweit die Billigkeit nach den Umständen dies erfordert.
Rz. 192
Nicht alle Bundesländer kennen solche – vertragsergänzenden – Ausführungsgesetze bzw. Regelungen über die Umwandlung von Naturalleistungen in eine Geldrente bei (unverschuldetem) Verlassen des Grundstücks durch den Berechtigten, was in der Regel zu bejahen ist, wenn der Berechtigte sein Wohnungsrecht und die Naturalleistungsansprüche wegen dauernder Heimunterbringung nicht mehr ausüben kann.
Ein Anspruch auf eine solche Ersatzrente ist einsatzpflichtiges Einkommen überall dort, wo Einkommen als Zufluss im Bedarfszeitraum unabhängig vom Rechtsgrund bezeichnet wird. Der Anspruch kann vom Sozialhilfeträger übergeleitet werden oder auf ihn übergehen. Die Ersatzrente unterfällt auch den Einkunftsarten des § 2 Abs. 2 EStG und kann auch Einkommen im Sinne des Eingliederungshilferechts (SGB IX), wird dort aber wahrscheinlich die Freibetragsgrenzen eher nicht erreichen.