Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 46
"Unentgeltlich" meint im Schenkungstatbestand weder "ohne Geld" noch kostenlos, sondern meint, dass die Vermögensverschiebung rechtlich unabhängig von einer den Erwerb ausgleichenden "Gegenleistung" des Erwerbers ist und auch sonst nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt. Darüber – nämlich über den Rechtsgrund – müssen sich die Beteiligten einigen.
Die Motive und Gründe für einen Leistungsaustausch können unterschiedlich sein und letztendlich darüber entscheiden, ob eine Zuwendung rechtlich unabhängig von einer Leistung des Leistungsempfängers sein soll:
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Die Leistung kann aus freigiebigen und fremdnützigen Motiven erfolgen, also rechtlich unabhängig von einer Gegenleistung. |
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Die Leistung des Zuwendungsempfängers kann aus rechtlichen Sonderbeziehungen ohne Bezug zum Zuwendungsgegenstand und damit unentgeltlich geschuldet sein (z.B. familienhafte Hilfe zwischen Ehegatten und Eltern und Kindern, begründet durch die Obliegenheit zur familiären Solidarität). Ausnahmen sind möglich und die Grenze zu § 534 BGB ist fließend. |
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Die Leistung des Zuwendungsempfängers kann im Rahmen eines reinen Gefälligkeitsverhältnisses (unter Freunden/Nachbarn) stattfinden. Die Grenzen zu § 534 BGB können auch hier fließend sein. |
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Die Leistung des Zuwendungsempfängers kann als gegenseitiger Vertrag vertraglich verpflichtend zwischen den Beteiligten im Sinne von Leistung und Gegenleistung vereinbart sein (synallagmatische Verknüpfung). |
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Die Leistung des Zuwendungsempfängers kann Geschäftsgrundlage für die Zuwendung sein (kausale Verknüpfung). |
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Der Leistungsaustausch beruht darauf, dass die (nicht geschuldete) Leistung des einen Teils Bedingung für die Entstehung der Verpflichtung der anderen Seite ist (konditionale Verknüpfung). |
Rz. 47
Eine Gegenleistung kann auch einen immateriellen Charakter haben. So hat es schon das RG zur Zuwendung eines Grundstücks an die getrennt lebende Ehefrau, um diese zur Rückkehr zu bewegen, entschieden.
Zur Abwehr des Schenkungsrückforderungsanspruchs kommt es darauf an, die den Erwerb ausgleichende "Gegenleistungen" rechtzeitig zu vereinbaren oder zu entdecken. Sie voneinander abzugrenzen und auseinanderzuhalten, ist im Einzelfall sehr schwierig. Das gilt insbesondere für die anfänglich "rechtsgrundlos" erbrachten Arbeitsleistungen.
Führen die Beteiligten in einem Vertrag Gegenleistungen an, die tatsächlich nicht bestehen oder nicht erbracht wurden/werden, ist grundsätzlich von einer Einigung der Beteiligten über die zumindest teilweise Unentgeltlichkeit der Zuwendung auszugehen. Es handelt sich dann um eine sog. verschleierte Schenkung.