Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 48
Bei einer rechtlichen Verknüpfung im Sinne eines synallagmatischen Verhältnisses bedarf es einer Einigung der Beteiligten – also zweier übereinstimmender Willenserklärungen –, aus der sich ergibt, dass dem Zuwendungsempfänger mit der Zuwendung nicht nur Dank erwiesen werden soll, sondern Leistungen des Zuwendungsempfängers mit der Zuwendung bezahlt werden und der Zuwendungsempfänger diese Bezahlung auch als solche annehmen will. Das Handeln beider Beteiligter ist nicht freigiebig, sondern eigennützig. Die Willenserklärungen korrespondieren nicht nur, sondern sie hängen voneinander ab (Austauschvertrag). Dadurch unterscheiden sie sich von einer bloßen Geschäftsgrundlage.
aa) Ausdrückliche synallagmatische Verknüpfung im Zeitpunkt der Zuwendung am Beispiel des entgeltlichen Pflegvertrags unter Angehörigen
Rz. 49
In der Praxis sind Zuwendungen zwischen tatsächlich oder potentiell Pflegebedürftigen und Pflegenden nicht selten, synallagmatische Vereinbarungen aber schon. Häufig handelt es sich um Angehörigenpflege, die besonders streitanfällig ist, wenn sie im Kontext mit Zuwendungen des Pflegebedürftigen stehen. Im Hinblick auf einen pflege- oder versorgungsbedingten Vermögenstransfer zwischen Angehörigen besteht in der Praxis eine große Notwendigkeit zum Abschluss entgeltlicher Versorgungs- und Pflegeverträge.
Zuwendungen z.B. einer Immobilie und die Pflege/Versorgung durch den Zuwendungsempfänger können im Verhältnis von Leistung und "echter" Gegenleistung stehen, müssen es aber nicht. Zum einen kann Pflege/Versorgung eine Auflage im Rahmen einer Auflagenschenkung darstellen. Dann handelt es sich nicht um eine Gegenleistung, sondern um die Erfüllung einer im Kontext der Schenkung stehenden Auflage.
Rz. 50
Pflege/Versorgung kann aber auch aufgrund familiärer Solidarität als familienhafte Mithilfe (§§ 1353 S. 2, 1360, 1360a, 1360b 1618a BGB) oder als Gefälligkeitsverhältnis erbracht werden. "Die Abgrenzung, ob den Erklärungen der Parteien ein Wille zur rechtlichen Bindung zu entnehmen ist oder die Parteien nur aufgrund einer außerrechtlichen Gefälligkeit handeln, ist an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu bewerten. Ob bei einer Partei ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist danach zu beurteilen, ob die andere Partei unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Dies ist anhand objektiver Kriterien aufgrund der Erklärungen und des Verhaltens der Parteien zu ermitteln, wobei vor allem die wirtschaftliche sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere für den Begünstigten, und die Interessenlage der Parteien heranzuziehen sind."
Grundsätzlich sind entgeltliche Austauschverträge zwischen Angehörigen zulässig. Eltern schulden volljährigen, betreuungs- oder pflegebedürftigen Abkömmlingen mit eigener finanzieller Ausstattung gesetzlich keine dauerhafte Betreuung und Pflege. Ebenso wenig schulden Kindern ihren leistungsfähigen Eltern solche Leistungen. Jeder Pflegebedürftige muss das Abschmelzen seiner eigenen Mittel daher lebzeitig in Kauf nehmen.
Rz. 51
Der Bedarf an Versorgung und Betreuung, der auch die Pflege umfasst, stellt – soweit er nicht durch vorrangige Leistungen aus Versicherungen und eigene Mittel abgedeckt wird – grundsätzlich unterhaltsrechtlich relevanten Bedarf dar, nämlich sog. Betreuungsbedarf. Dieser wird familienrechtlich durch Unterhaltsansprüche erfüllt. Ein Anspruch auf Unterhalt setzt grundsätzlich
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die Bedürftigkeit des Pflegebedürftigen |
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und die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen |
voraus.
Volljährige, die ihren Pflegebedarf aus eigenen Mitteln und Zuflüssen decken können, sind nicht bedürftig. Sie haben keinen Anspruch auf Betreuungsunterhalt, erst recht nicht in der Form von Pflegedienstleistungsunterhalt durch Angehörige. Das Unterhaltsrecht steht dem Abschluss eines solchen Vertrages daher nicht entgegen.
Rz. 52
Auch § 1618a BGB steht einer Entgeltabsprache zwischen Eltern und Kindern nicht entgegen. § 1618a BGB regelt, dass Eltern und Kinder sich Beistand und Rücksicht schulden. Aus dieser Norm leitet eine Auffassung deshalb eine Rechtspflicht zur wechselseitigen Unterstützung und Hilfeleistung der Familienmitglieder in allen Lebenslagen ab. Dem ist nicht zu folgen.
Ob sich aus § 1618a BGB überhaupt konkrete Folgerungen und ggf. sogar Ansprüche ableiten lassen, ist nach wie vor umstritten. Die Entstehungsgeschichte des § 1618a BGB zeigt, dass eine Pflicht zur Pflege zusätzlich zum oder anstelle von Pflegebarunterhalt nicht geschuldet wird. § 1618a BGB ist – anders als die Unterhaltspflicht zwischen Eltern und Kindern und anders als die Regelungen in § 1360 S. 2 BGB i.V.m. §§ 1360a Abs. 2 S. 1, 1353 BGB – erst durch das Sorgerechtsgesetz 1979 in Anlehnung an Art. 272 des schweizerischen Gesetzbuches in das BGB eingefügt worden, weil es "einem Gesetzgeber, der von Verfassungs wegen zum besonderen Schutz der Familie verpflichtet ist, ni...