Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 1
Was unter "elektronische Dokumente" i.S.d. § 130a Abs. 1 u. 2 ZPO zu verstehen ist, regelt seit dem 1.1.2018 die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung-ERVV).
Rz. 2
Mit dieser Verordnung macht der Verordnungsgeber Gebrauch von seiner Ermächtigungsgrundlage gem. § 130a Abs. 2 S. 2 ZPO, § 46c Abs. 2 S. 2 ArbGG, § 45a Abs. 2 S. 2 SGG, § 55 Abs. 2 S. 2 VwGO und § 52a Abs. 2 S. 2 FGO. Für bestimmte Verfahren vor dem BGH und BPatG gilt eine eigene Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim BGH und BPatG (BGH/BPatGERVV), diese Verfahren sind in der Anlage 1, siehe nachstehende Rdn 3 aufgezählt. Für alle weiteren Verfahren vor dem BGH, wie z.B. Zivilsachen, gilt die ERVV.
Rz. 3
Verfahren gem. Anlage 1 der Verordnung über den ERVV beim BGH und BPatG:
Rz. 4
Die jeweiligen Verordnungen auf Landesebene sind gesondert aufzuheben. Geschieht dies (versehentlich) nicht, bricht Bundesrecht Landesrecht, Art. 31 GG. Landesrechtliche Verordnungen kommen, soweit sie nicht aufgehoben wurden, daher nur noch für bundesrechtlich nicht geregelte Verfahren zum Tragen. Die bundeseinheitliche ERVV ist grundsätzlich zu begrüßen, da sie nunmehr einheitlich Vorgaben darüber macht, was ergänzend zu den einzelnen Verfahrensvorschriften bei der Einreichung elektronischer Dokumente zu beachten ist.
Rz. 5
Die ERVV gilt für die Übermittlung elektronischer Dokumente an die Gerichte der Länder und des Bundes sowie die Bearbeitung elektronischer Dokumente durch diese Gerichte nach § 130a ZPO, § 46c ArbGG, § 65a SGG, § 55a VwGO und § 52a FGO, § 1 Abs. 1 S. 1 ERVV. Sie gilt ferner nach Maßgabe ihres Kapitels 5 für die Übermittlung elektronischer Dokumente an Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte der Länder und des Bundes gem. § 32a StPO sowie die Bearbeitung elektronischer Dokumente, § 1 Abs. 1 S. 2 ERVV seit dem 16.2.2018, vgl. dazu auch die Ermächtigungsbefugnis der Bundesregierung gem. § 32a Abs. 2 S. 2 Abs. 4 Nr. 3 StPO. Aufgrund der Verweisung in § 110c S. 1 OWiG gilt die ERVV damit auch unmittelbar für Bußgeldbehörden und -gerichte, soweit für sie der elektronische Rechtsverkehr auf der Grundlage des § 32a StPO eröffnet ist. Wegen der Verweisung in § 120 Abs. 2 S. 2 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) gilt die ERVV auch für gerichtlichen Rechtsschutz in Strafvollzugssachen. Besondere bundesrechtliche Vorschriften über die Übermittlung elektronischer Dokumente und strukturierter maschinenlesbarer Datensätze bleiben unberührt, § 1 Abs. 2 ERVV. Während der Anwendungsbereich in Kapitel 1 unter dem Stichwort "Allgemeine Vorschrift" geregelt ist, regelt Kapitel 2 die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs in den §§ 2 bis 5 ERVV.
Rz. 6
Die ERVV enthält in den §§ 3–9 ERVV Regelungen zum besonderen elektronischen Behördenpostfach (beBPo) und in den §§ 10–13 ERVV Regelungen zum elektronischen Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) sowie OZG-Nutzerkonten. Die §§ 14 und 15 ERVV beinhalten Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr mit Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichten.
Rz. 7
Zum 1.1.2022 erhielt die ERVV durch das ERV-Ausbaugesetz ganz erhebliche Änderungen nicht nur durch die Einführung des eBO, sondern auch insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an elektronische Dokumente.