Rz. 90
Nach außen gilt der Grundsatz gemeinschaftlichen Handelns aller Miterben. Aber davon gibt es Ausnahmen.
a) Verpflichtungsgeschäfte
Rz. 91
Hierbei kommt es wiederum darauf an, welcher Art von Verwaltungsmaßnahme das Verpflichtungsgeschäft zuzuordnen ist: ordnungsmäßige Verwaltung – außerordentliche Verwaltung – Notverwaltung.
aa) Ordnungsmäßige Verwaltung
Rz. 92
Der von den Erben gefasste Mehrheitsbeschluss hat insofern Außenwirkung, als die Erbenmehrheit oder ein einzelner beauftragter Miterbe die Erbengemeinschaft nach außen wirksam vertreten kann.
Dazu der BGH:
Zitat
"… Jedoch ist … an der Auffassung festzuhalten, die der Entscheidung LM § 2038 Nr. 1 und dem Urt. v. 27.10.1956, …, zugrunde liegt, dass die Mehrheit einen – ordnungsgemäß gefassten – Mehrheitsbeschluss mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft jedenfalls dann auszuführen berechtigt ist, wenn er Verwaltungsmaßnahmen, nicht Verfügungen betrifft."
Rz. 93
Die im Rahmen des Mehrheitsbeschlusses getätigten Rechtsgeschäfte berechtigen und verpflichten den Nachlass unmittelbar und begründen nach allgemeinem Vertrags- und Schuldrecht auch eine Eigenverbindlichkeit für alle Miterben, d.h., es entsteht eine Nachlassverbindlichkeit, wenn der handelnde Erbe hat erkennen lassen, dass die Rechtswirkungen den Nachlass treffen sollen. Fehlt es daran, so haftet der handelnde Miterbe persönlich. Im Innenverhältnis gelten dann Geschäftsführungsregeln. Also: Anspruch des Erben auf Freistellung von der Verbindlichkeit oder Aufwendungsersatz.
Bei der Verbindlichkeit handelt es sich um eine Nachlasserbenschuld, für die der Nachlass und sämtliche Eigenvermögen der Miterben haften.
Ist im Falle eines förmlich hinterlegten Geldbetrags eine Erbengemeinschaft als Empfänger bezeichnet, kann die für die Herausgabe erforderliche Bewilligung aller Erben (§§ 17 und 18 BerlinHintG) im Hinterlegungsverfahren nicht durch einen Mehrheitsbeschluss ersetzt werden.
bb) Außerordentliche Verwaltung
Rz. 94
Hier gilt der Grundsatz des gesamthänderischen Handelns: Alle Erben müssen nach außen auftreten, um den Nachlass zu berechtigen und zu verpflichten. Ein Mehrheitsbeschluss reicht nicht.
cc) Notverwaltung
Rz. 95
Hierbei sieht das Gesetz eine gesetzliche Vertretungsmacht für den handelnden Erben vor (§ 2038 Abs. 1 S. 2 a.E. BGB). Aus der rechtsgeschäftlichen Handlung wird der Nachlass unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Lagen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen einer Notverwaltungsmaßnahme nicht vor, so haftet der handelnde Miterbe allein, eine Nachlassverbindlichkeit entsteht dann nicht.
b) Verfügungsgeschäfte
Rz. 96
Beinhaltet eine Verwaltungsmaßnahme auch eine Verfügung, so gilt grundsätzlich das Erfordernis gemeinschaftlichen Handelns nach § 2040 Abs. 1 S. 1 BGB.
OLG München: Die Auflassung eines Grundstücks könne u.U. als Maßnahme einer Notverwaltung von einem Miterben erklärt werden, wenn die anderen Miterben die Mitwirkung verweigern (bspw. Abwendung von Schadensersatzansprüchen gegen die Erben und damit gegen den Nachlass). Allerdings müssten alle Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen einer Notverwaltungsmaßnahme in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden.