Rz. 12
Höchstpersönliche Rechte des Erblassers sind nicht vererblich (bspw. die Vorstandseigenschaft bei einer Aktiengesellschaft).
Für die Erben ist es von entscheidender Bedeutung, so schnell wie möglich Kenntnis vom Umfang und der Art der Zusammensetzung des Nachlasses zu erlangen. Diese Frage ist zuallererst bedeutend für die Entscheidung, ob sie die Erbschaft behalten wollen und welche Risiken möglicherweise auf sie im Zusammenhang mit der Haftung für Nachlassverbindlichkeiten zukommen können.
Aber die Erben wollen die einzelnen zum Nachlass gehörenden Gegenstände auch in Besitz nehmen, sie verwalten und die daran bestehende Gemeinschaft irgendwann auseinandersetzen.
Wie können die Erben den Umfang des Nachlasses feststellen?
Rz. 13
Für die notwendigen Informationen sind am verlässlichsten die Auskünfte von dritter Seite wie Banken, Finanzbehörden, Grundbuchamt und Handelsregistergericht. Daneben sind von Bedeutung die spezifisch erbrechtlichen Auskunftsansprüche (vgl. im Einzelnen § 9 Rdn 121 ff.), die sich häufig gegen andere Miterben richten, wie bspw. der Auskunftsanspruch gegenüber dem Erbschaftsbesitzer (§ 2027 BGB), gegenüber Hausgenossen (§ 2028 BGB) oder gegen diejenigen Miterben, die für den Erblasser entweder vor seinem Tod oder danach das Vermögen bzw. den Nachlass verwaltet haben gemäß den Vorschriften des Auftragsrechts (§§ 666, 681 BGB). Dabei ist auf die in der Praxis immer häufiger vorkommende Vorsorgevollmacht, die Angehörigen erteilt wurde, hinzuweisen.
Rz. 14
Vorher ist jedoch zu prüfen, ob überhaupt ein vertragliches Auftragsverhältnis mit Rechtsbindungswillen vorgelegen hat. Die Rechtsprechung verneint nicht selten bei nahen Angehörigen einen solchen Rechtsbindungswillen und nimmt gerade im Zusammenhang mit der Erledigung von Bankgeschäften lediglich ein Gefälligkeitsverhältnis an. Entscheidend für die Frage, ob eine Kontovollmacht mit Rechtsbindungswillen erteilt wird, ist, ob anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich binden wollten. Insoweit ist zu berücksichtigen, ob die Erteilung einer Kontovollmacht aufgrund eines besonderen Vertrauens erfolgt. Im Rahmen eines solchen besonderen Vertrauensverhältnisses – bspw. unter Eheleuten oder auch nichtehelichen Lebenspartnern – wird i.d.R. keine Auskunft oder Rechenschaft verlangt. Der Andere soll grundsätzlich nicht im Nachhinein dem einseitigen Risiko ausgesetzt werden, Ausgaben genauer anzugeben und zu belegen. Es müssen vielmehr objektive Kriterien hinzutreten, die den Rückschluss auf einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen zulassen.
Rz. 15
Anspruch von Miterben auf Erstellung eines Bestandsverzeichnisses aufgrund einer Vorsorgevollmacht – OLG München, Urt. v. 6.12.2017
Zitat
1. Der aus einem der Erteilung der Vorsorgevollmacht zugrundeliegenden Auftragsverhältnis zustehende Auskunftsanspruch umfasst auch die Vorlage eines Bestandsverzeichnisses i.S.d. § 260 Abs. 1 BGB.
2. Der Vorsorgebevollmächtigte kann sich nur dann auf die Unmöglichkeit einer Auskunftserteilung berufen, wenn alle zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten versagen, obwohl er alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat. Selbst wenn ihm keine Unterlagen mehr zur Verfügung stehen sollten, muss er sich diese bei den kontoführenden Banken beschaffen und darauf gestützt das Bestandsverzeichnis erstellen. Die Tatsache, dass ihm hierdurch möglicherweise Kosten entstehen, ist – wie sonst auch – für die Frage der Unmöglichkeit ohne Belang.“
Rz. 16
Im Zusammenhang mit Auskunftsansprüchen nach § 666 BGB bei bestanden habender Bankvollmacht wird nicht selten vom zu Lebzeiten des Erblassers von diesem Bevollmächtigten behauptet, vom Bankkonto abgehobene Beträge habe der Erblasser dem Bevollmächtigten geschenkt. Für einen solchen Schenkungsvorgang trägt der angeblich Beschenkte die Beweislast. Denn das bloße Vorhandensein einer Bankvollmacht besagt nichts darüber, welche Rechtshandlungen der Bevollmächtigte im Verhältnis zum Vollmachtgeber vornehmen darf. Die Vollmacht betrifft nur das Verhältnis zu den Banken und damit die Möglichkeit für den Bevollmächtigten, nach außen wirksam den Vollmachtgeber verpflichtende oder begünstigende Bankgeschäfte vorzunehmen. Unter diesen Umständen kommt die Feststellung, dass die Abhebung durch den Bevollmächtigten den Vollzug einer Schenkung darstellte, nur in Betracht, wenn sich der Bezug zu einem solchen Rechtsgeschäft aus anderen Umständen ergibt. Es muss der Schluss möglich sein, die Abhebung vollziehe eine schenkweise versprochene Zuwendung mit Wissen und Wollen des Vollmachtgebers.
Eine transmortale Vollmacht erlischt nach OLG Hamm und OLG München allerdings, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird.
Dagegen das KG, Beschl. v. 2.3.2021 – 1 W 1503/20:
Zitat
"Eine transmortale Vollmacht des eingetragenen Berechtigten genügt zum Nachweis der (Vertretungs-)Macht des Bevollmächtigten auch dann, wenn dieser erklärt, Alleinerbe des Vollmachtgebers ...