1. Allgemeines
Rz. 112
Die Erbengemeinschaft entsteht kraft Gesetzes ohne Zutun der Miterben als "Zufallsgemeinschaft". Rechtsgeschäftlich könnte eine Gesamthandsgemeinschaft mit der Organisationsstruktur der Erbengemeinschaft nicht begründet werden. Um vor allem den Nachlassgläubigern den Nachlass als Haftungssubstrat wertmäßig zu erhalten, ordnet das Gesetz Nachlass-Surrogate kraft Gesetzes – unabhängig vom Willen der Handelnden – dem Sondervermögen Nachlass zu (vgl. zur dinglichen Surrogation in der Erbengemeinschaft § 10 Rdn 230 ff., soweit es Grundstücke betrifft).
Rz. 113
Die dingliche Surrogation nach § 2041 BGB setzt ein Sondervermögen voraus, sie gilt also grundsätzlich nur für die Erbengemeinschaft. Dementsprechend ordnet § 2032 Abs. 2 BGB an, dass (u.a.) § 2041 BGB nur "bis zur Auseinandersetzung" Anwendung findet.
Dingliche Surrogation gem. § 2041 BGB tritt auch ein, wenn ein Testamentsvollstrecker bestellt ist.
Die h.M., insbesondere auch der BGH, hält das Eingreifen der Beziehungssurrogation (zum Begriff siehe Rdn 118) auch bei Einsatz nachlassfremder Mittel für möglich.
2. Zweck der dinglichen Surrogation: Werterhaltung der Sachgesamtheit Nachlass
Rz. 114
Nachlässe in gesamthänderischer Bindung einer Erbengemeinschaft werden oft jahrzehntelang von den Miterben verwaltet. Ergreifen die Erben Haftungsbeschränkungsmaßnahmen, so steht den Nachlassgläubigern als Zugriffsobjekt nur der Nachlass zur Verfügung, nicht auch das jeweilige Eigenvermögen der Erben.
Im Interesse der Erben und der Nachlassgläubiger sichert die in § 2041 S. 1 BGB angeordnete dingliche Surrogation die Erhaltung des Sondervermögens Nachlass in seinem wirtschaftlichen Wert bis zur Auseinandersetzung. Unabhängig von der Willensrichtung des für den Nachlass Handelnden sollen bestimmte Erwerbsvorgänge dem Nachlass zugeordnet werden.
3. Die drei Surrogationsarten des § 2041 BGB
Rz. 115
In § 2041 BGB sind drei Arten der dinglichen Surrogation normiert:
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die Rechtssurrogation, |
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die Ersatzsurrogation, |
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die Beziehungs- bzw. Mittelsurrogation. |
a) Rechtssurrogation
Rz. 116
Alles, was aufgrund eines zum Nachlass gehörenden Rechts erworben wird, gehört zum Nachlass.
Wird eine zum Nachlass gehörende Forderung erfüllt, so fällt das Geleistete in den Nachlass, bspw. der Mietzins für eine zum Nachlass gehörende vermietete Sache. Dazu gehören auch Ansprüche nach § 985 BGB, bspw. bei der Rückabwicklung eines Nachlassauseinandersetzungsvertrags: Beim Rücktritt vom oder Anfechtung des Nachlassauseinandersetzungsvertrags gehört der Rückgewähranspruch (§ 346 S. 1 bzw. § 812 Abs. 1 BGB) zum Nachlass, so dass an den auseinandergesetzten Nachlassgegenständen, insbesondere an den Nachlassgrundstücken, wieder Gesamthandseigentum in Erbengemeinschaft entsteht, das erneut auseinanderzusetzen ist.
Gleichgültig ist, ob die originären Rechtspositionen dem Zivilrecht oder dem öffentlichen Recht entspringen.
Wurden noch zu Lebzeiten des Erblassers Ansprüche nach dem Vermögensgesetz begründet, gehören die entsprechenden Leistungen zum Nachlass, und zwar kraft der Rechtssurrogation.
b) Ersatzsurrogation
Rz. 117
Was als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Nachlassgegenstands anzusehen ist, fällt in den Nachlass, also alle Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung oder wegen Vertragsverletzung. Auch Versicherungsansprüche über Nachlassgegenstände werden von der Ersatzsurrogation erfasst.
c) Beziehungssurrogation
Rz. 118
Der Erwerb aus einem – schuldrechtlichen oder dinglichen – Rechtsgeschäft, das sich auf den Nachlass bezieht, fällt in den Nachlass. Jeder Erwerb mit Mitteln des Nachlasses oder für den Nachlass fällt darunter. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein einzeln handelnder Miterbe zur Vornahme des Rechtsgeschäfts befugt war.
Fraglich ist, ob eine rein objektive Beziehung zum Nachlass ausreicht oder ob zusätzlich ein entsprechender Wille des Handelnden erforderlich ist. Die Beantwortung dieser Frage ist davon abhängig, woher die eingesetzten Mittel stammen.
Diese Art der Surrogation ist beim Erwerb bspw. landwirtschaftlicher Grundstücke von Bedeutung, wenn ein Hof in Erbengemeinschaft fortgeführt wird.
aa) Erwerb mit Nachlassmitteln
Rz. 119
Wird das Rechtsgeschäft mit Mitteln des Nachlasses vorgenommen, so reicht eine objektive Beziehung zu dem Sondervermögen Nachlass aus. Andernfalls wäre der Schutzzweck des § 2041 BGB – die Erhaltung des Nachlasswerts – nicht zu erfüllen. Selbst ein anderslautender Wille der Handelnden ist bedeutungslos. Der BGH hat eine objektive Beziehung ausreichen lassen, wenn sich das Geschäft als eine typische Maßnahme der Nachlassverwaltung darstellt, gleichgültig, mit welchen Mitteln das Geschäft finanziert wird.
bb) Erwerb mit nachlassfremden Mitteln
Rz. 120
Wird mit privaten Mitteln eines Miterben und deshalb mit nachlassfremden Mitteln erworben, so sind sowohl ein subjektiver Wille, für den Nac...