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In IT-Projekten entsteht häufig Streit bei einer Überschreitung des Budgets bzw. wenn der Auftraggeber die Leistungen des Auftragnehmers als überteuert erachtet. Dieses Problem besteht umso mehr, wenn der Auftragnehmer seine Leistungen nach Zeitaufwand berechnet. Denn dem Auftraggeber fehlt oft als Laie das Wissen, um die Leistungen des Auftragnehmers und den Preis bewerten zu können. Oder die Leistungen des Auftraggebers sind für den Auftragnehmer nicht nachvollziehbar, weil kein körperliches Produkt übergeben wird und sich die Leistungen (remote) außerhalb des Wahrnehmungsbereichs des Auftraggebers vollziehen.
Bei der Prüfung einer Rechnung nach Zeitaufwand ist zunächst zu prüfen, ob diese Abrechnungsform (wirksam) vereinbart wurde. Dabei ist zu beachten, dass auch im Werkvertrag ohne Weiteres eine Abrechnung nach Zeitaufwand möglich ist. Häufig wird es sich nämlich bei IT-Projekten um einen Werkvertrag handeln.
Zu beachten ist allerdings, dass auch hier eine Abnahme erforderlich ist, bevor der nach Zeitaufwand berechnetet Betrag fällig wird. Der Auftragnehmer muss damit eine mangelfreie Leistung abliefern, die der Auftraggeber abnehmen muss. Vorher besteht für den Auftraggeber die Möglichkeit einer Kündigung nach § 648 BGB.
Grundsätzlich ist der Auftragnehmer nicht verpflichtet, eine detaillierte Aufstellung über die erbrachten Zeiten und geleistete Tätigkeit zu erbringen, sofern vertraglich nicht etwas anderes geregelt ist. Es ist damit zunächst ausreichend, wenn der Auftragnehmer das Produkt aus den von ihm geleisteten Stunden und dem vereinbarten Stundensatz in Rechnung stellt (BGH v. 17.4.2009 – VII ZR 164/07).
Besonderheiten bestehen, wenn Mischkalkulationen aus Festpreis und Stundenvereinbarungen bestehen oder verschiedene Stundensätze für unterschiedlich qualifizierte Mitarbeiter des Auftragnehmers vereinbart worden sind. Hier müssen sich die abgerechneten Zeiten und Stundensätze den jeweiligen Positionen oder Mitarbeitern zurechnen lassen.
Der Auftragnehmer kann aber auch bei einer vereinbarten Stundenvereinbarung keine Rechnungen in unbestimmter Höhe stellen. Zunächst ist zu beachten, ob ein Kostenvoranschlag erteilt wurde. Hier bestehen Hinweispflichten, falls dieser überschritten wird. Unterlässt der Auftragnehmer diesen Hinweis, können dem Auftraggeber Schadensersatzansprüche zustehen.
Ebenso kann vorgetragen werden, dass der Auftragnehmer zu viele Stunden benötigt hat und damit gegen seine Pflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung verstoßen hat. Den Auftragnehmer trifft dann eine sekundäre Beweislast und der Auftragnehmer muss zu Art und Inhalt der nach Zeitaufwand abgerechneten Leistungen jedenfalls so viel vortragen, dass dem für die Unwirtschaftlichkeit der Leistungsausführung darlegungs- und beweisbelasteten Auftraggeber eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird (BGH, a.a.O.). Erfüllt der Auftragnehmer die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht, so greift eine Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO ein. Damit ist zulasten des Auftragnehmers davon auszugehen, dass dem eingeklagten Vergütungsanspruch ein Befreiungsanspruch wegen Verletzung der Pflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung entgegensteht.