Rz. 145

Die konkrete Kostenbeteiligung ist vorgesehen für

voll- und teilstationäre Leistungen sowie
vorläufige Maßnahmen.

Von der Beteiligung umfasst werden neben den sozialpädagogischen Leistungen auch die Kosten für Unterhalt und Krankenhilfe,[494] wobei gem. § 91 Abs. 4 SGB VIII jedoch die reinen Verwaltungskosten ausgeklammert sind.

 

Rz. 146

Die Beteiligungshöhe orientiert sich am tatsächlichen Einkommen der Beitragspflichtigen,[495] wobei jeder Pflichtige gesondert entsprechend seinem Einkommen zu einem Kostenbeitrag herangezogen wird.[496] Das für die Beitragserhebung maßgebliche Einkommen wird durch eine Auslegung der §§ 93, 94 SGB VIII bestimmt, d.h. es erfolgt eine Anlehnung an die Einkommensdefinition des Sozialhilferechts.[497]

 

Rz. 147

Beitragspflichtig sind primär die von der Leistung unmittelbar betroffenen Personen (§ 92 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB VIII) und sodann die ihnen gegenüber unterhaltspflichtigen Personen, wobei nach § 92 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB VIII jedoch eine Eingrenzung auf die Eltern, den Ehegatten oder Lebenspartner erfolgt. Eine tatsächlich bestehende Unterhaltspflicht ist aber nicht Voraussetzung für die Heranziehung zur Kostenbeteiligung.[498] Die Beitragspflicht besteht dem Grunde nach ab dem Zeitpunkt der Gewährung einer Leistung und kann gegenüber dem Pflichtigen ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem ihm die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht aufgeklärt wurde.[499] Eine ­Ausnahme gilt lediglich dann, wenn der Hilfeträger an der Mitteilung und Aufklärung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht gehindert war und das Hindernis in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fällt. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn aufgrund des Handelns des Pflichtigen seine Vaterschaft rechtlich verbindlich erst nachträglich festgestellt werden kann.[500] Die in § 92 Abs. 3 S. 1 SGB VIII statuierte Aufklärungspflicht richtet sich sowohl an die bar- als auch an die naturalunterhaltspflichtigen Personen. In welchem Umfang diese zu informieren sind, orientiert sich an ihren jeweiligen wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten. Bei einem Barunterhaltspflichtigen steht die Belehrung über die Folgen einer Jugendhilfemaßnahme im Vordergrund. Demgegenüber hat bei einem Naturalunterhaltspflichtigen primär die Information über das zeitliche Einsetzen der Kostenbeitragspflicht Bedeutung bzw. bedarf es bei Empfängern von Sozialleistungen eines besonderen Hinweises über die Beanspruchung von Kindergeld, so dass ihrerseits durch eine geänderte Antragstellung reagiert werden kann.[501] Die Informationspflicht des § 92 Abs. 3 S. 1 SGB VIII dient vor allem dazu, Beitragspflichtige vor Fehldispositionen zu schützen, die konkret bei Beginn einer Maßnahme drohen können.

 

Rz. 148

Bei der Bestimmung des für die Beteiligung maßgeblichen Einkommens gilt § 93 Abs. 1 SGB VIII[502] Dort wird ein eigenständiger jugendhilferechtlicher Einkommensbegriff statuiert,[503] der an die Einkommensdefinition des Sozialhilferechts angelehnt ist, sich allerdings von diesem darin unterscheidet, dass durch den pauschalen Abzug von Aufwendungen nach § 93 Abs. 3 S. 3 SGB VIII eine einfachere Berechnung des bereinigten Einkommens ermöglicht werden soll.[504] Junge Menschen haben das hieraus folgende Nettoeinkommen in einem Umfang von 75 % für die Kostenbeteiligung einzusetzen, soweit sie sich in einer vollstationären Maßnahme befinden. Für teilstationäre Maßnahmen gilt für sie keine Kostenbeteiligung.[505] Allein junge Volljährige und volljährige Leistungsberechtigte im Sinn des § 19 SGB VIII sind bei vollstationären Leistungen auch mit ihrem Vermögen einstandspflichtig (§ 92 Abs. 1a SGB VIII). Werden demgegenüber die Eltern, der Ehegatte oder der Lebenspartner zur Kostenbeteiligung herangezogen, so gilt für den Umfang des von ihnen einzusetzenden Einkommens die Tabelle zum Anhang der KostenbeitragsV. Ihre Pflicht zum Einsatz des Einkommens geht allerdings nur soweit, als dadurch weder etwaige Unterhaltsansprüche vor- oder gleichrangiger Berechtigter beeinträchtigt werden (§ 92 Abs. 4 S. 1 SGB VIII) noch ihr eigenes Existenzminimum gefährdet ist. In diesem Fall ist der Ersatzanspruch der öffentlichen Hand nachrangig.[506] Ansonsten ist von einer Heranziehung zu Kostenbeiträgen ganz oder teilweise Abstand zu nehmen, wenn dadurch Zweck und Ziel der Leistung gefährdet wäre[507] – bereits die berechtigte Befürchtung diesbezüglich genügt[508] – oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe (§ 92 Abs. 5 S. 1 SGB VIII), d.h. die Heranziehung den Leitvorstellungen der §§ 9193 SGB VIII zuwiderliefe.[509] Ebenso ist von einer Heranziehung dann abzusehen, wenn zwischen dem hiermit verbundenen Verwaltungsaufwand und dem geltend zu machenden Kostenbeitrag kein angemessenes Verhältnis besteht (§ 92 Abs. 5 S. 2 SGB VIII). Da die §§ 91 ff. SGB VIII keine Anordnungen dazu enthalten, entwickelte sich zu dieser Frage eine zunächst uneinheitliche Rechtsprechung.[510] In Ansehung d...

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