Rz. 78

Die kostenfreie Erziehungsbeistandschaft, die mit einer Hilfe nach § 29 SGB VIII verbunden werden kann, richtet sich an Kinder und Jugendliche, die Entwicklungs- und/oder Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Indem man dem unmittelbar betroffenen Minderjährigen eine dauerhafte Bezugsperson – die beratend tätig ist – zuordnet, soll eine Förderung seiner Verselbstständigung erfolgen. Zwar steht die Vermeidung einer Fremdunterbringung im Vordergrund,[244] gleichwohl ist – vor allem bei Jugendlichen – die räumliche Trennung von der Familie nicht ausgeschlossen. Auch wenn sich die Erziehungsbeistandschaft primär an die Minderjährigen selbst richtet, soll gleichermaßen ihr soziales Umfeld in die Maßnahme einbezogen werden, d.h. nicht nur die Familie, sondern auch Freunde oder Mitschüler.[245] Voraussetzung ist dabei aber in jedem Fall eine Mitwirkungsbereitschaft, vor allem der Familie.

 

Rz. 79

Der Erziehungsbeistand wird im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl mit sozialpädagogischen, therapeutischen als auch rechtlichen Fragen konfrontiert. Es rechtfertigt sich daher für diese Aufgabe allein der Einsatz einer erfahrenen Fachkraft,[246] wobei zudem sichergestellt sein muss, dass der Umfang der übertragenen Fallzahlen eine adäquate Wahrnehmung der Aufgabe zulässt. Insoweit dürften auch die derzeit noch genannten Fallzahlen[247] mit Blick auf das in den letzten Jahren gestiegene Problembewusstsein aber auch die zunehmende Komplexität der Sachverhalte kritisch zu hinterfragen sein.

 

Rz. 80

Ebenso wie der sozialen Gruppenarbeit kommt auch der Erziehungsbeistandschaft Bedeutung im Jugendstrafrecht zu, da sie als Erziehungsmaßregel gem. § 12 JGG verhängt werden kann. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass allein durch die gerichtliche Anordnung die verbindliche Umsetzung der Erziehungsmaßregel noch nicht sichergestellt ist. Erforderlich ist vielmehr eine Mitwirkung des Jugendamts wegen dessen Verantwortungshoheit über die hierfür einzubeziehenden Jugendhilfeeinrichtungen. Unter diesem Blickwinkel kommt auch eine Kostenübernahme durch den Träger der Jugendhilfe nur dann in Betracht, wenn sie als Hilfe zur Erziehung erfolgt.

[244] VGH Baden-Württemberg JAmt 2004, 546.
[245] Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, § 30 Rn 8.
[246] DIJuF, JAmt 2005, 15.
[247] Nach den Empfehlungen der Kommunalen Gemeinschaftsstell für Verwaltungsvereinfachung sind für jeden Erziehungsbeistand 25 Fälle vorgesehen (vgl. KGSt Bericht Nr. 7, 1975, 15).

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