Rz. 140

Eine Kostenbeteiligung[474] nach Inanspruchnahme von Leistungen nach dem KJHG[475] kann nur auf der Grundlage einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung erfolgen.[476] Die Leistung muss den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.[477] Das zum 1.10.2005 in Kraft getretene Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK)[478] führte insoweit zu grundlegenden ­Reformen, wobei im Rahmen der Kostenbeteiligung differenziert wird zwischen einer pauschalierten Beteiligung gem. § 90 SGB VIII (z.B. die Förderung in Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege gem. §§ 22 ff. SGB VIII) und konkreten Kostenbeteiligungen bei teil- oder vollstationären Leistungen gem. §§ 91 ff. SGB VIII (z.B. die teilstationäre Hilfe zur Erziehung in Tagesgruppen gem. § 32 SGB VIII oder die Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII).[479] Wird ein nicht sorgeberechtigter Elternteil auf eine solche Kostenbeteiligung in Anspruch genommen, so hat er prinzipiell einen Anspruch darauf, über den Grund, den Inhalt und die voraussichtliche Dauer der jugendhilferechtlichen Maßnahmen informiert zu werden. Dieser Informationsanspruch ist allein im Zusammenhang mit der Erhebung des Kostenbeitrages zu sehen. Er richtet sich nicht darauf, den in Anspruch genommenen vor der Zahlung nicht mehr geschuldeten Betreuungsunterhalts gegenüber dem jeweils anderen Elternteil zu schützen.[480] Einschränkungen der Informationspflicht können sich allerdings aus § 65 SGB VIII ergeben. In diesem Fall ist der betroffene Elternteil gehalten, weitergehende Informationen über einen Auskunftsanspruch gem. § 1686 BGB geltend zu machen (vgl. § 2 Rdn 195 ff.).[481] Grundlegende Voraussetzung der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag ist die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Maßnahme.[482] Die Regelung des § 1611 Abs. 1 BGB findet jedoch im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Kostenbeitragsrechts keine Anwendung.[483] Stehen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit keine anderen Erkenntnisquellen zur Verfügung, so bedarf es einer Einsichtnahme in den Hilfeplan einschließlich seiner Fortschreibungen. Verweigert die Behörde die Einsichtnahme, so ist nach Maßgabe der materiellen Beweislast der Kostenbescheid aufzuheben.[484]

[474] Auf die Frage der Kostenerstattungen der Jugendhilfeträger untereinander wird angesichts der Ausrichtung dieses Buchs auf die gerichtliche und anwaltliche Praxis nicht eingegangen.
[475] Dazu Söfker, Änderungen im Kostenbeitragsrecht der Kinder- und Jugenhilfe, JAmt 2013, 434.
[476] Wiesner, HK SGB VIII, § 90 Rn 4.
[477] VG Saarland, Gerichtsbescheid v. 30.10.2012 – 3 K 936/10, juris.
[478] BT-Drucks 15/3676.
[479] Vgl. hierzu die tabellarische Übersicht bei Schindler in Münder/Wiesner/Meysen, Handbuch KJHR, Kap. 5.5 Rn 3.
[480] BGH FamRZ 2014, 1454.
[481] VG Freiburg FamRZ 2013, 161.
[482] Vgl. VG Saarland, Urt. v. 31.1.2014 – 3 K 686/12 – juris, m.w.N.
[483] VG Düsseldorf, ZKJ 2015, 475.
[484] VG Frankfurt LKRZ 2014, 428.

1. Die pauschalierte Kostenbeteiligung nach § 90 SGB VIII

 

Rz. 141

Eine pauschalierte Kostenbeteiligung ist nach § 90 SGB VIII vorgesehen für Angebote

der Jugendarbeit gem. § 11 SGB VIII,
der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie gem. § 16 SGB VIII sowie
der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege gem. §§ 22 ff. SGB VIII.
 

Rz. 142

§ 90 SGB VIII richtet sich dabei ausschließlich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Während für die Träger der freien Jugendhilfe keine besondere gesetzliche Bindung besteht, d.h. sie allein im Rahmen privater vertraglicher Vereinbarungen die Entscheidung treffen, ob und in welcher Höhe Beiträge zu Leistungen geltend gemacht werden,[485] orientieren sich die Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Beitragshöhe an den Belangen des Jugendhilferechts.[486] Die Beitragshöhe muss sich an der finanziellen Leistungsfähigkeit des die Leistung in Anspruch Nehmenden richten.[487] Allein bei der Förderung von Kindern in der Tagesbetreuung besteht die Pflicht zur sozialen Staffelung der Beitragshöhe,[488] wobei die nähere Ausgestaltung landesrechtlich erfolgt. Zugleich muss sichergestellt werden, dass der Träger der Jugendhilfe nur in finanziellen Notsituationen die Kosten erlassen oder selbst übernehmen soll.[489] Soweit nach § 90 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII ein Beitrag ganz oder teilweise erlassen oder vom Träger der Hilfe übernommen werden kann, bedarf es für einen solchen Erlass zwar eines Antrages. Dieser Antrag kann aber auch noch nach Inanspruchnahme der Leistung gestellt werden, da die Antragstellung lediglich ein formelles Erfordernis darstellt und nicht materiell-rechtliche Voraussetzung für die Leistungserbringung ist.[490] Nicht zumutbar im Sinn des § 90 SGB VIII ist dabei ein Beitrag, der die nach den sozialhilferechtlichen Vorschriften der §§ 82 ff. SGB XII vertretbare Belastung überschreitet.[491] Die Beweislast dafür, dass die ­Heranziehung zu einem pauschalierten Kostenbeitrag unzumutbar ist, obliegt dem Kostenbelasteten.[492]

 

Rz. 143

Bei Leistungen der Jugendarbeit steht der Beitragserlass oder deren Übernahme ...

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