Rz. 362
Als Erblasser kann der geschäftsunfähige Minderjährige, vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter, einen Verzicht auf das Erbrecht, z.B. nach seinem Onkel, entgegennehmen (§ 2347 Abs. 2 S. 2 BGB). Eine Genehmigung des Familiengerichts ist erforderlich (§ 2347 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 BGB).
Als Erblasser kann ein geschäftsbeschränkter Minderjähriger einen Verzichtsvertrag "nur" (§ 2347 Abs. 2 S. 1 BGB) persönlich schließen; er bedarf nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters (§ 2347 Abs. 2 S. 1 BGB). Selbst ein Siebenjähriger als gesetzlicher Erblasser kann also den Erbverzicht seines Onkels auf das gesetzliche Erbrecht nach dem Minderjährigen entgegennehmen, er kann bei solchem Verzicht nicht durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten werden. Eine Genehmigung des Familiengerichts ist nicht vorgesehen (§ 2341 Abs. 1 S. 1 BGB).
Rz. 363
Bei Verträgen zwischen dem wegen einer schweren Krankheit geschäftsunfähigen 17-jährigen Minderjährigen als Erblasser, der von seinen Eltern als gesetzliche Vertreter vertreten wird, und seinen beiden Elternteilen oder Großeltern als Verzichtende sind eigentlich §§ 1629, 181 BGB zu beachten. Die Vorschriften sind aufgrund der teleologischen Reduktion der zu weit gefassten Formulierungen der Vorschriften dann nicht anwendbar, wenn der Verzicht für den Minderjährigen nur rechtlich vorteilhaft ist (vgl. Rdn 124). Der Minderjährige wird durch den Vertrag vom gesetzlichen Erbrecht seiner nächsten Verwandten befreit; das ist rechtlich vorteilhaft, zumindest ist der Vertrag rechtlich neutral (siehe Rdn 362). Es bedarf also nicht der Bestellung eines Ergänzungspflegers.
Rz. 364
Bei dem Verzichtsvertrag des Geschäftsbeschränkten als Erblasser und einem Elternteil kann der geschäftsbeschränkte Erblasser nicht durch einen gesetzlichen Vertreter vertreten werden (siehe Rdn 362). Er schließt den Erbverzichtsvertrag persönlich mit jedem Elternteil ab. § 181 BGB ist nicht anwendbar. Denn aufgrund der teleologischen Reduktion der Vorschrift ist diese nicht anwendbar, wenn das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen nur rechtlich vorteilhat ist. Im vorliegenden Fall entfällt das gesetzliche Erbrecht des Vaters; das ist rechtlich für den Minderjährigen vorteilhaft.
Eine Genehmigung des Familiengerichts ist nicht vorgesehen.
Rz. 365
Eine vertragliche Verpflichtung, einen Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht entgegenzunehmen, kann der geschäftsunfähige Minderjährige nur eingehen, wenn er durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten wird. Handelt es sich bei den Erben des Minderjährigen um Eltern oder Großeltern, dann ist an § 181 BGB zu denken. Es gilt aber das in Rdn 363 Gesagte.
Eine Genehmigung des Familiengerichts ist für den abstrakten Verzichtsvertrag erforderlich (§ 2347 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 BGB). Da der Gesetzgeber von 1896 noch nicht zwischen Grundgeschäft und abstraktem Verzichtsvertrag unterschied, muss solche Genehmigungspflicht – obgleich die gesetzliche Regelung heute kaum nachzuvollziehen ist – auch heute beachtet und angewandt werden.
Rz. 366
Für eine Verpflichtung, einen Verzicht entgegenzunehmen, gilt: Als Erblasser kann ein geschäftsbeschränkter Minderjähriger einen Verzichtsvertrag "nur" (§ 2347 Abs. 2 S. 1 BGB) persönlich schließen; er bedarf nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters (§ 2347 Abs. 2 S. 1 BGB). Dementsprechend kann er auch ohne Zutun seines gesetzlichen Vertreters eine dahingehende Verpflichtung eingehen. Seine Eltern können nicht für ihn handeln, da sie ihn bei einer Erfüllung der Verpflichtung nicht vertreten können.
Eine Genehmigung des Familiengerichts ist für den abstrakten Verzichtsvertrag, und folglich auch für das Verpflichtungsgeschäft, nicht vorgesehen (§ 2341 Abs. 1 S. 1 BGB).
Rz. 367
Einen Zuwendungsverzichtsvertrag gemäß § 2352 BGB wird der Minderjährige als Erblasser, der einen Verzicht entgegennimmt, in der Praxis höchst selten abschließen, da er ja erst ab seinem 16. Lebensjahr ein Testament errichten kann (siehe Rdn 1 ff.). Durch den Zuwendungsverzichtsvertrag (§ 2352 BGB) wird er von seiner erbrechtlichen Zuwendung aus der Verfügung von Todes wegen befreit. Da eine testamentarische Bedenkung grundsätzlich nicht bindend ist, könnte er grundsätzlich auch mit einem Widerrufstestament (§§ 2253 ff. BGB) denselben Erfolg erzielen.
Beispiel
Der 16-jährige M hat durch notarielles Testament seine Freundin F zur Erbin eingesetzt. Nun ist die Liebschaft – noch zu Zeiten der Minderjährigkeit des M – zerbrochen. F durch ein neues Testament zu "enterben", das klingt für M zu herzlos. Deshalb möchte M erreichen, dass F lieber im Vertrag mit M auf ihr notariell verbrieftes Erbrecht verzichtet.
Wenn nun aber ein durch Testament des Minderjährigen begünstigter Erbe – hier F – oder ein Vermächtnisnehmer auf seine testamentarischen Bedenkungen verzichten will, so gelten die oben aufgezeigten Regelungen auch für dessen Erbverzichtsvertrag: Der noch beschränkt geschäftsfähige Minderjährige (der mindestens 16 Jahre alt...