Rz. 70

Problemstellung/Anlass: Ziel ist es, sowohl die Weitervererbung des Nachlasses des Erblassers vom erstberufenen Kind an bestimmte Enkel als auch deren Pflichtteil auszuschließen, also die Vererbung auch noch über die zweite Generation hinaus zu steuern.

 

Rz. 71

Die praktische Umsetzung[116] der Zielvorgabe erfolgt dadurch, dass der Erblasser sein Kind – wir nennen es A –, bei dessen Enkeln er die Erbfolge vorbestimmen möchte, zum Vorerben einsetzt, wobei dieser meist im weitest möglichen Umfang befreit wird. Daneben können auch noch andere Personen zum Miterben (Vollerben oder auch wiederum Vorerben) berufen werden, etwa die übrigen Kinder. Zu Nacherben des A werden dessen Abkömmlinge, jedoch mit Ausnahme des "lästigen Enkels" eingesetzt, hilfsweise die anderen Kinder des Erblassers. Der Nacherbfall kann auch erst mit dem Tod des Vorerben eintreten. Die Nacherben werden zugleich zu Ersatzerben berufen. Durch die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge wird verhindert, dass nach dem Tod des A der "lästige Enkel" den Nachlass des Erblassers erbt; zugleich wird dadurch dessen Pflichtteil ausgeschlossen. Allerdings gilt es, noch einen "Störfall" zu beachten: Wenn A vor dem Erblasser verstirbt, dann tritt die Vor- und Nacherbschaft nicht ein. Zwar wird der "lästige Enkel" auch dann von der Erbfolge durch die getroffene Ersatzerbfolge ausgeschlossen, jedoch stünde ihm statt seines Erbteils sein Pflichtteil zu. Daher ist die Gestaltung durch einen Pflichtteilsverzicht des A zu ergänzen, wonach dieser für sich und seine Abkömmlinge (§ 2349 BGB, wobei dies ausdrücklich klargestellt werden sollte) auf sein Pflichtteilsrecht verzichtet. Damit entfällt auch der Pflichtteil des "lästigen Enkels". Allerdings wird A zu einem solch weit reichenden Verzicht meist nur dann bereit sein, wenn seine Erbeinsetzung, hilfsweise die Ersatzberufung an seine "genehmen Kinder" ihm gegenüber mit erbvertraglicher Bindungswirkung (§ 2278 BGB) erfolgt.

 

Bewertung

Pflichtteilsrecht: Der "lästige Enkel" kann völlig vom Nachlass des Erblassers ferngehalten, sein Pflichtteil diesbezüglich völlig ausgeschlossen werden.

Anderes: Die Berufung des Kindes A nur zum Vorerben hat trotz der Befreiungsmöglichkeit nach § 2136 BGB immer noch sehr weit reichende Folgen, auch kann es die Erbfolge zwischen den Nacherben nicht mehr ändern. Wie überall sollte daher die Nacherbfolge nur dort angewandt werden, wo dies unbedingt nötig ist. – Insgesamt wohl eher ein Fall für die Formularbücher.

Formulierungsvorschlag: Münchener Vertragshandbuch/Nieder/Otto, Bürgerliches Recht, VI/2 Form. XVI. 15.

[116] Entwickelt von Stankovsky, BWNotZ 1974, 102; v. Dickhuth-Harrach, in: FS Rheinisches Notariat, S. 208; ders., Handbuch der Erbfolge-Gestaltung, § 60 Rn 22.

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