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Für das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG gilt nicht das positive Konsensprinzip; es ist nicht einmal eine Stellungnahme des Betriebsrats erforderlich. Der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, ihm seine Überlegungen zur Kündigungsabsicht mitzuteilen. Deshalb ist es auch unerheblich, ob der Arbeitgeber bei Einleitung des Anhörungsverfahrens bereits fest zur Kündigung entschlossen ist.[62] Soweit keine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nach § 102 Abs. 6 BetrVG getroffen wurde, beschränkt sich die Beteiligung des Betriebsrats bei Kündigungen also auf die Anhörung. Anhörung bedeutet, dass der Betriebsrat durch den Arbeitgeber zu unterrichten ist und die Gelegenheit erhält, seinerseits Stellung zu nehmen. Der Arbeitgeber ist aber nicht verpflichtet, sich auf eine Besprechung oder Diskussion einzulassen, es sei denn, eine entsprechende Vorgehensweise würde sich aus § 2 Abs. 1 BetrVG (Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit) durch innerbetriebliche Konkretisierung ergeben. Das Anhörungsverfahren soll den Arbeitgeber dazu veranlassen, seine Kündigungsentscheidung zu überprüfen. Er soll ggf. vom Betriebsrat vorgetragene Bedenken berücksichtigen und unter Umständen sogar vom Ausspruch einer Kündigung absehen. Ziel des Beteiligungsverfahrens ist es, den Betriebspartner von der jeweiligen anderen Sicht der Dinge zu informieren und ggf. zu überzeugen.

[62] BAG v. 13.11.1975, AP Nr. 7 zu § 102 BetrVG 1972.

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